Biofore Magazin 2022

Von Sini-Maria Melanen Fotos UPM, Getty Images

REPORTAGE

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Industrielle Dünger aus Nebenströmen schaffen zirkuläre Ökosysteme

in Industrie und Landwirtschaft.

S eit durch den Beginn des Kriegs in der Ukraine die Getreideex portegestopptwurden,hatdieAgrarindustriestarkeRückschläge erlitten. Da Russland noch 2020 der weltweit größte Exporteur von Düngemitteln war, ist die weltweite Nahrungsmittelver sorgung teilweise gefährdet. Weil aufgrund der Sanktionen keine Lie- ferungenmehr nachEuropa und indieUSAgehen,müssenneueLösun gen für die aufkommendeDüngerknappheit gefundenwerden. Die Forstindustrie bietet Alternativen für die Bewältigung dieser Herausforderung. Einige Nebenströme von UPM werden bereits als Kalkungsmittel, zur Bodenverbesserung oder als Düngemittel einge setzt. DarüberhinauswillUPMbis 2030 indenwerkseigenenAbwasser reinigungsanlagen nur noch recycelte Nährstoffe nutzen. Dieser Ansatz verzichtet nicht nur auf knappe, auf Primärmaterialien basierende Nährstoffe, die für die Düngerproduktion genutzt werden könnten. Er reduziert auchdieGesamtnährstoffbelastungvonGewässern, vermeidet energieintensive Stickstoffproduktion und verringert den Einsatz von Phosphor, einer endlichenRessource. 2022 wurde das finnische Düngemittelgesetz aktualisiert, und im Juli desselben Jahres endete die dreijährige Übergangsphase der EU-Verordnung für Düngemittelprodukte. Die EU-Verordnung öff nete den Binnenmarkt für organische und auf Nebenströmen basie- rende Düngemittel, wodurch die Produktion und der Verkauf solcher Produkte innerhalb der EU vereinfacht werden. Laut der EU-General direktion für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU könnten organische und abfallbasierte Düngemittel fast einDrittel der Mineraldünger ersetzen.

EU-Verordnung öffnet Türen „Zum ersten Mal werden in der EU- Verordnung Nebenströme berücksichtigt, und insbesondere die Produktion von organischen Düngemitteln wird vereinfacht“, sagt Titta Berlin , Beraterin des finnischen Landwirtschaftsministers. Nebenströmewaren schon seit LangemGegenstandder nationalen Gesetzgebung, aber laut Berlin war die Struktur veraltet und behin derte Innovationen – jetzt entspricht das Gesetz den EU-Verordnun gen. „Früher wurden neue Inhaltsstoffe strikt nach ihrer spezifischen Verwendung kategorisiert. Jetzt kann man Produkte flexibler her- stellen und verschiedene Bestandteile besser mischen“, erklärt Berlin. „Der Gehalt an toxischen Verunreinigungen wird jedoch weiterhin laufend kontrolliert.“ Das Gesetz kam zu einem günstigen Zeitpunkt, da Europa seine Abhängigkeit von Düngemittelimporten verringern will. Aber welche Möglichkeiten bieten recycelte Nährstoffe tatsächlich? In Finnland war die Produktion von recyceltenDüngemitteln ein lokales Geschäft und noch nie besonders lukrativ. Aber die aktuellen Weltereignisse könnten das ändern. Lokalität und Nachhaltigkeit Was hindert die Branche also daran, das Potenzial von recycelten Düngemitteln zu nutzen? „Die Nutzung von Nebenströmen zur Produktion von Düngemitteln ist – zu Recht – streng reguliert. Die Nebenströme der Forstindustrie haben keinen besonders hohen Nährstoffgehalt, und Unternehmen müssen die Gesamtkosten und

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