UPM-Biofore-Magazine-1-2017-DE

Die UNESCO ernannte die Verla Holzschleiferei und Kartonfabrik 1996 aufgrund der gut erhaltenen Umgebung der Fabrik, des Dorfes und der Arbeiterwohnungen zum Weltkulturerbe.

Ville Majuri

Der Ausblick in Verla ist von dem Wohnhaus des damaligen Besitzers geprägt. Es wurde vom Architekten Eduard Dippell entworfen.

Karhula und Tampella, die ersten Hersteller von Schwerindustrieanlagen und Papiermaschinen in Finnland, bauten die Schleifmaschinen und einige der Pappmaschinen. Die Kartonbögen wurden mithilfe einer Vorrichtung des welt- weit bekannten Aufzugherstellers KONE in der Maschinenhalle ange- hoben. Die Bänder und Gurte der Pappmaschinen wurden teilweise von demVorgängerunternehmen von Nokia hergestellt – heute einer der bekann- testen Namen imBereich IT und Kommunikation. Das Verla Fabrikmuseum ist von Anfang Mai bis Ende September geöffnet. 

späteren Backsteingebäude. Die Fabrik von Verla ist Teil einer langen Produktionskette, die das Flusstal von Kymi damals zumZentrumder finni- schen Holzverarbeitungsindustrie machte – und Finnland zu einemVorreiter in der Forstindustrie. 1922 kaufte die Kymi Gesellschaft die Fabrik. Der letzte Kartonbogen wurde dort im Sommer 1964 hergestellt. Doch schon kurz darauf öffnete die Fabrik erneut ihre Pforten – als Industriedenkmal. Die UNESCO ernannte die Verla Holz­ schleiferei und Kartonfabrik 1996 aufgrund der gut erhaltenen Umgebung der Fabrik, des Dorfes und der Arbeiterwohnungen zumWeltkulturerbe. Heutiger Besitzer und Betreiber der Stätte ist UPM. Von Hand hergestellter Karton für den Export ImZentrumder Fabrik standen acht Pappmaschinen, mit denen Kartonbögen produziert wurden. DieMaschinen liefen rund umdie Uhr. „Die aktivsten Jahre waren während des ZweitenWeltkriegs, als Karton für Munitionskisten herge- stellt wurde. Aber das Geschäft lief auch in Zeiten des Wiederaufbaus sehr gut“,

versorgen. Beschädigte oder nicht verwendbare Kartonbögen wurden entweder wieder in Holzstoff umgewan- delt oder von den Arbeitern zur Isolie­ rung ihrer Häuser genutzt. AlleMaterialien wurden bis zum Ende ihres Lebenszyklus wiederver- wertet. „Die alten Stoffahnen der Papp­ maschinen waren sehr begehrt, da man sie zur Herstellung von Kinderkleidung verwenden konnte. Und auch die alten Steine der Schleifmaschinen kamen noch an anderer Stelle zumEinsatz. Man brach sie in vier Teile auf und nutzte sie für das Fundament der Arbeiterhäuser“, so Lemminkäinen. ImHauptgebäude mit Blick auf die Stromschnellen wohnte der Fabrik­ inhaber Gottlieb Kreidl, der für seinen strengen Führungsstil bekannt war. Kreidl war aber auch Reformist, dem es besonders wichtig war, dass es seinen Arbeitern gut geht. „Die Fabrik kam für medizinische Behandlungen und Medikamente der Arbeiter auf. Es gab sogar eine Kranken- sowie Sterbekasse und auch für eine Rente wurde gesorgt“, ergänzt Lemminkäinen. Bildung und medizinische Versorgung

Zudem gründete Kreidl 1890 eine Grundschule, die 1922 von den Behörden vor Ort übernommen wurde. In Spitzenzeiten arbeiteten bis zu 150Menschen in der Fabrik, rund 40 % davon waren Frauen. DieMänner waren für die schweren und gefährlichen Arbeiten wie das Entrinden und Schleifen des Holzes sowie für dieWartung der Maschinen verantwortlich. Die Frauen bedienten die Kartonmaschinen und trugen die Verantwortung für den Trockenboden sowie für das Trennen der Kartonbögen. „Obwohl Frauen nur rund 60 % des Gehalts der Männer verdienten, war allein ihr Monatseinkommen höher als das Jahreseinkommen einer Frau in der Landwirtschaft“, sagt Lemminkäinen. Verla erwacht im Sommer Nachdemdie Produktion eingestellt wurde, öffnete Verla als Finnlands erstes Fabrikmuseum seine Tore für Besucher. Durch die Auszeichnung der UNESCO stiegen die Besucherzahlen rapide an. „Im Sommer kommen rund 40.000 Besucher nach Verla. In einem guten Jahr haben wir bis zu 22.000 Besucher, die an unseren Fabrikführungen teilnehmen“, so Lemminkäinen.

erklärt Jussi Lemminkäinen , Gäste­ führer in der Fabrik. Ein in Verla hergestelltes Produkt wurde stets als „handgemachter Karton“ bezeichnet, da die Arbeiter den Karton während des Herstellungsprozesses mehr- mals per Hand bearbeiteten. Die Jahres­ produktion lag bei rund 2.000 Tonnen Karton, zuzüglich der gleichenMenge an Holzschliff. Verla war für seine hohe Qualität inter- national bekannt. Die Erzeugnisse wurden in bis zu 30 Länder exportiert. Recyclingwissen mit Tradition Recycling und die effiziente Nutzung von Rohstoffen waren schon immer Kern­ elemente der finnischen Forstindustrie. Fichte war einer der Hauptrohstoffe zur Herstellung von Holzstoff. Die abge- lösten Rindenabfälle wurden verbrannt, umden Trockenbodenmit Wärme zu

Kontakt und Reservierungen: VERLA FABRIKMUSEUM Verlantie 295, FI-47850 Verla FINNLAND Tel. +358 2041 52170 www.verla.fi/de E-Mail: museum.verla@upm.com

Jussi Lemminkäinen

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