UPM_Biofore-Magazine-2-2017-GER

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Anne Immonen hat ein Doppel­ studium in Forstwirtschaft und Betriebs­ wirtschaftslehre absolviert und ist mit Leib und Seele Baumschulerin. Seit 2006 hat sie die Leitung der Baumschule inne. Während dieser Zeit haben tech­ nische Neuerungen Einzug gehalten: Schwere körperliche Arbeit wird nun durch Automatisierung ersetzt, umden Arbeitsalltag zu erleichtern. Zuletzt wurde eine automatische Packstraße für das Verpacken der Setz­ linge angeschafft. Als Nächstes soll sie durch eine automatische Saatstraße ergänzt werden. Auch der neue Leitstand ist fast fertig. Schon bald werden die Baumschuler in der Lage sein, das Keimen des Saatguts, die Belüftung der Gewächs­ häuser, den Düngerbedarf der Setzlinge und andere Faktoren amMonitor zu prüfen. Dies wird das Arbeiten ergono­ mischer gestalten und Kapazitäten für andere Aufgaben schaffen. Die lebendigen Setzlinge sind und bleiben jedenfalls das Herzstück der Baumschule. Anne Immonen führt ihre Besucher herumund legt dabei eine Selbstsicherheit an den Tag, die von Erfahrung herrührt. Also Augen und Ohren auf! Bewässern und Verpacken AmRande einer Parzelle mit Setzlingen treffen wir Mari Nykänen , die gerade die Bewässerungsanlage über den Fichten­ setzlingen überprüft. In letzter Zeit hat es häufig geregnet, weshalb auch weniger gegossen werdenmuss. Nach demBewässern wird Nykänen den Herbstdünger ausbringen – die letzte

(Rechts) Mari Nykänen prüft die Bewässerung von Fichtensetzlingen. (Unten) Jutaphak Jarotram kontrolliert Fichtensetzlinge.

Aufgabe vor Anbruch des Winters. Eine gesunde Dosis Stickstoff verschafft den Setzlingen einen Energieschub, der ihnen über denWinter hilft. DieMitarbeiter achten genau auf denWetterbericht. Baumschulgärtner Tero Kallinen ruft die aktuellen Daten auf dem Smartphone ab. Weit wichtiger als das Display ist jedoch die Farbe der Setzlinge, die imFreien wachsen. Ein echter Experte sieht auf den ersten Blick, ob eine Pflanze umgesetzt werden sollte oder ob Dünger und Nährstoffe verändert werdenmüssen. „Wenn der Regen den Dünger ständig fortspült, bleibt der Pflanze womöglich zu wenig, oder man bringt den falschen Dünger zur falschen Zeit aus“, erklärt Tero Kallinen. „Unser Leben wird hier ganz vom Wetter bestimmt. Auch in diesem Sommer mussten wir wieder rasch reagieren und unsere ursprüngliche Planung anpassen“, fährt er fort. Umdie richtigen Entscheidungen zu tref­f en, braucht es Weitblick und Intuition.

„Glücklicherweise sind viele Augen­ paare auf unsere Pflanzen gerichtet“, lacht Immonen. Vom manuellen zum automatisierten Verpacken Tuija Räisänen , Jutaphak Jarotram und Mikael Smolander sind gerade in den Setzlingsparzellenmit Verpacken beschäftigt. Um sie herum stehen Trans­ portplatten und Schachteln, eine Verpa­ ckungsmaschine in der Mitte. Jarotram prüft die Setzlinge einzeln und sortiert Unkraut und schwache Pflänzchen aus. Ein guter Setzling weist eine wohlge­ formte Spitze auf, hat keine Gabelungen im Stamm, zeigt keine Anzeichen von Lygus rugulipennis und hat einen kräftigen Wurzelballen. Hinter der Setzlingsreihe wird eine Herkunftskennung sichtbar, der wir ent­ nehmen, dass die drei Gärtner mit den Sprösslingen eines Waldes im südfinni­ schen Pohja beschäftigt sind. Nach der Qualitätskontrolle nimmt Räisänen die Setzlinge von der Trans­ portplatte und setzt sie in eine Schachtel. Die Arbeit wirkt so kinderleicht, wie das Stürzen eines Kuchen aus der Form auf eine Servierplatte. Ichmöchte es auch versuchen. Mich erwartet allerdings eine Überraschung: eine Transportplatte wiegt sechs Kilogramm! In nur einem Monat heben und tragen dieMitarbeiter 30 Tonnen Setzlinge. Wenn die neue automatisierte Packstraße erst einmal

in Betrieb ist, wird das schwere Heben nicht mehr nötig sein – zweifellos ein Segen für die Gesundheit und den Rücken der Baumschuler. Zu guter Letzt platziert Smolander die Setzlinge komplett mit Wurzelballen in Schachteln und dann in Container. Timo Ikäheimo, der Logistik-Experte der Baumschule, hat den Transport schon organisiert, damit die Setzlinge zumbesten Zeitpunkt auf denWeg gebracht werden. Ganz so weit ist es aber noch nicht: Sehen wir uns erst einmal an, was drinnen vor sich geht. Weiche Landung in einer harten Welt LauteMusik ertönt neben der hohen Gewächshauswand – sogar laut genug für diejenigen, die gerade auf halber Höhe des riesigen Gewächshauses arbeiten. Hier liegen drei Mitarbeiter auf einer merkwür­ digen Vorrichtung, einem so genannten „Jäteflieger“. Sie greifen fleißig unter sich, während sie sich unterhalten. Vor unseren Augen erstrecken sich eine Million winziger Fichtensetzlinge, die noch keine drei Monate als sind. Eija Hynninen , Anne Hassinen und Jari- Pekka Koskinen liegen auf demWagen, den sie liebevoll „Ferrari“ nennen, und jäten Unkraut. Die Setzlinge müssen vor demWinter gesäubert werden, um Schimmel und anderen Befall zu vermeiden. „Sie sind unsere Babies. Sie wachsen ähnlich schnell wieMenschenkinder

Anne Immonen ist mit Leib und Seele Baumschulerin.

„Wir nutzen nur das beste Saatgut, da nur so auch gesunde Wälder entstehen. Genau wie beim Wein ist kein Jahrgang gleich, und wir erkennen sofort die Unterschiede.“

und werden auch ungefähr so alt wie Menschen“, so Immonen. Die Setzlinge werden in Torf gepflanzt, jeder in einem eigenen Töpfchen. Die Erde ist bedeckt mit einer dünnen Schicht Sägespäne, damit sie nicht austrocknet und keinMoos wachsen kann. Es ist wichtig, dass die Setzlinge gleich zu Beginn ihres Lebens einen kräftigenWurzelballen entwickeln. Aus demGewächshaus werden die Setzlinge dann nach draußen gebracht, um sie abzuhärten. „Es fällt uns nicht leicht, imHerbst die Gewächshaustüren aufzureißen und unsereMillionen von Kindern der kalten Luft auszusetzen“, meint Gärtnerin Anne Hassinen. Die zarten Setzlinge sind bis jetzt unter kontrollierten Bedingungen gewachsen. Jetzt brauchen sie den anfänglichen Schock durch die Kälte, damit sie später ausgebracht werden können. Finnische Bäume müssenmit extremenWitterungs- bedingungen zurechtkommen. ImSommer können die Temperaturen auf bis zu 30 °C

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