UPM_Biofore-Magazine-2-2017-GER

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DAS UNTERNEHMENSMAGAZIN 2/2017

Produkte für die Verbraucher der Zukunft

Biofore schafft Mehrwerte

BIOFORE IST DAS WELTWEITE UNTERNEHMENSMAGAZIN DER UPM-KYMMENE CORPORATION

Wir sind der Marktführer im globalen Dow-Jones-Nachhaltigkeitsindex.

Verantwortungsvolle Wertschöpfung

Wussten Sie, dass UPMweltweit jedes Jahr umdie 350 Patentanmeldungen einreicht? Und dass demUnter­ nehmen im vergangenen Jahr mehr Patente als jedem anderen in Finnland erteilt wurden, nämlich über 50? In dieser Ausgabe informieren wir neben anderen faszi­ nierenden Themen über bahnbrechende Innovationen, die sich aus unserer Biofore-Strategie ergeben und neue Geschäftschancen eröffnen. Unsere neuen Produkte und von uns entwickelten Technologien sind wahre Innovationen: Biokraftstoffe und Chemikalien auf Holzbasis. Bioverbundwerkstoffe. Eine neue Klebetechnologie auf Ligninbasis für die Sperrholzherstellung. Der Ersatz erdöl­ basierter Komponenten in Harzklebstoffen durch Produkte auf Ligninbasis. Ein Hydrogel auf Zellulosebasis, das das Zellwachstum anregt und einen Innovationspreis der Chemiebranche erhalten hat. Und das ist noch nicht alles. Wie Technik-Chef Jyrki Ovaska festhält: „Die Entwick­ lung neuer Produkte ist wie eine Entdeckungsreise. Auf dem langenWeg eröffnen sich ständig neueMöglichkeiten, Materialien für neue Anwendungen hervorzubringen …“ Das übergeordnete Ziel unserer Forschungstätigkeit lässt sich prägnant in denWorten der neu definierten Mission von UPMausdrücken: „Wir schaffenMehrwerte, indemwir das grenzenlose Potenzial der Bioökonomie ausschöpfen.“ Dies sind die Chancen, die wir mit Begeisterung ergreifen, jeden Tag aufs Neue.

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Eine Anerkennung durch die weltweit führenden Nachhaltigkeitsbewerter ist wichtig. Noch wichtiger ist allerdings die Botschaft unserer positiven gesellschaftlichen Auswirkungen. Für uns geht es bei Verantwortung um Werte, Verpflichtungen und konkrete Maßnahmen. Von der verantwortungsvollen Beschaffung bis zum Ende des Produktlebenszyklus – und darüber hinaus. Keine Kompromisse, keine Ausnahmen. Schaffen Sie mit uns Werte, indem wir alle das grenzenlose Potenzial der Bioökonomie ausschöpfen. UPM – the Biofore Company. www.upm.de

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UPM – The Biofore Company UPM führt die Bio- und Forstindustrie in sechs Geschäfts­ bereichen in eine nachhaltige, von Biorefining, UPM Energy, UPM Raflatac, UPM Specialty Papers, UPM Paper ENA und UPM Plywood. UPM bietet nachhaltige und sichere Lösungen für den steigenden globalen Verbrauch. Produkte werden aus erneuerbaren und recyclingfähige Materialien hergestellt. Das Unternehmen beschäftigt insgesamt etwa 19.300 Mitarbeiter weltweit und der Jahresumsatz liegt bei ca. 10 Mrd. Euro. Die Aktien von UPM sind im NASDAQ OMX Helsinki notiert. Innovationen geprägte und aufregende Zukunft: UPM

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Global Compact LEAD

FACEBOOK www.facebook.com/ UPMGlobal

Elisa Nilsson Vice President, Brand and Communications, UPM

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I N H A L T

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Die in Joroinen gezogenen Setz- linge mit ihrem erstklassigen Erbgut sind die Grundlage für Finnlands prächtig gedeihende Wälder.

03 EDITORIAL

28 HOCHWERTIGE ETIKETTEN ALS BLICKFANG FÜR BIERLIEBHABER

46 GERINGERE ABGASEMISSIONEN

DURCH ERNEUERBARE KRAFTSTOFFE Der Verkehr nimmt immer weiter zu. Wenn wir den Klimawandel verlang­ samen wollen, müssen daher die Emis­ sionen im Straßenverkehr reduziert werden. Der Biokraftstoff UPMBioVerno ist ein Schritt in die richtige Richtung. SEKTOR BIETET WETTBEWERBSVORTEIL UPMEnergy bietet einen völlig neuen Service und verkauft sein Fachwissen an große Industrieabnehmer von Elektrizität.

Bierliebhaber wissen nicht nur die breite Geschmackspalette von Craft-Bieren, sondern auch eine attraktive Verpackung zu schätzen, vor allem ein auffälliges Etikett.

06 INHALT

08 IN TIME

16 Umweltfreundliche Produkte auf Zellstoffbasis unter- stützen die Bekämpfung von Krankheiten.

10 ASIATISCHE VERBRAUCHER IM VORTEIL

31 SPANNENDE LEKTÜRE

Der Schwerpunkt des Weltmarkts hat sich zu den wachsenden Städten Asiens verlagert und die Nachfrage nach digi­ talen Dienstleistungen und erneuerbaren Biomaterialien wird rasch zunehmen.

50 MARKTAGILITÄT IM ELEKTRIZITÄTS-

In Deutschland verkaufen viele Buch­ läden nicht nur Bücher, sondern stellen ihren Kunden auch interessante Neuerscheinungen vor.

CHEFREDAKTEUR Elisa Nilsson

REDAKTION Heli Aalto, Markku Herrala, Sari Hörkkö, Kristiina Jaaranen, Klaus Kohler, Monica Krabbe, Anneli Kunnas, Pauliina Leppänen, Marjut Meronen, Marika Nygård, Saara Pakarinen, Sini Paloheimo, Maarit Relander-Koivisto, Mari Ruissalo, Annika Saari, Hisense Sun, Reetta Södervik, Ari Voutilainen, Jessie Yao.

34 ALLE LIEBEN HOLZ

16 ERFOLG IM KAMPF GEGEN KRANKHEITEN

Holz ist ein beliebtes Material, das nicht nur gut riecht, sondern sich auch gut anfühlt. Es hat sogar positive Auswirkungen auf die Gesundheit. 38 EIN STARKES PATENTPORTFOLIO SICHERT DIE WERTSCHÖPFUNG DER ZUKUNFT Die Innovationen von UPM sind durch ein starkes Patentportfolio geschützt, das nicht nur Wettbewerbsvorteile verschafft, sondern auch eine verläss­ liche Grundlage für zukünftigeWert­ schöpfung ist. 42 DURCHBRUCH BEI DER SPERRHOLZ­ PRODUKTION: DIE NEUE BESTIMMUNG VON LIGNIN

52 AUS GANZ ANDEREM HOLZ GESCHNITZT

UmweltfreundlicheMaterialien auf Zellstoffbasis unterstützen Gesundheits­ einrichtungen dabei, Infektionen und multiresistente Keime zu bekämpfen und dabei noch Kosten zu senken. SICHERHEIT IM GESUNDHEITSWESEN Ein eindeutiger Wachstumsbereich für die Etikettenlösungen von UPMRaflatac ist das Gesundheitswesen; neue Verpackungsbestimmungen gegen Arzneimittelfälschungen verschaffen dieser Dynamik weiteren Schwung.

Familienmit Kindern brauchen Dielen, die nicht nur haltbar sind und wenig Pflege benötigen, sondern auch eine gemütliche, angenehme Atmosphäre verbreiten. UPMProFi ist dieser Herausforderung gewachsen.

GESTALTUNG Valve DRUCK Erweko Oy

19 ETIKETTEN VERBESSERN DIE

UMSCHLAG UPM Finesse Silk 200 g/m² INNENSEITEN UPM Finesse Silk 130 g/m² UPM-KYMMENE CORPORATION PO Box 380 FI-00101 Helsinki Finnland Tel. +358 (0)204 15 111 www.upm.de www.upmbiofore.com

54 NACHHALTIGER WEINBAU IN SÜDAFRIKA

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Für Frank Tang und Janet Zhang sind Sicherheit und praktisches Design beim Kauf von Kinder- möbeln entscheidend.

Von der Bodenpflege bis hin zu den Etiketten der Weinflaschen: Nach­ haltigkeit ist die Losung für hochwertige Weine aus der Region Cape Floral.

20 DIE WIEGE GESUNDER WÄLDER

58 RESPONSIBLE FIBRE MACHT DEN UNTERSCHIED AUS

Das Genom eines Waldes verbirgt sich in den Samen und Setzlingen. In einer Baumschule werden diese wie Kinder betreut. Gute Setzlinge bilden die Grundlage eines gesundenWaldes.

Die Busse im Großraum Helsinki (Finnland) werden ab 2020 nur noch erneuerbare Kraftstoffe nutzen. Dies wird die Luftqualität deutlich verbessern.

WISA BioBondmarkiert den Beginn einer neuen Ära in der Sperrholz­ produktion. Die innovative Verleimungs­ lösung von UPMPlywood ersetzt das erdölhaltige Phenol größtenteils durch ökologisch nachhaltiges Lignin.

In China werden die Kopiermarken von UPMmit Nachhaltigkeit und der skandinavischen Herkunft assoziiert, die wichtigeWettbewerbsvorteile sind.

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25 TEAMWORK FÜR ERSTKLASSIGE FORSCHUNG

44 CHINESISCHE FAMILIEN LIEBEN SKANDINAVISCHES HOLZ

UPMBiomedicals fördert die Zusammen- arbeit imBereich der biomedizinischen Innovation und unterstützt Durchbrüche, von denenMenschen, Unternehmen und die Gesellschaft insgesamt profitieren.

Funktionale Kindermöbel aus skandina­ vischen Hölzern werden in China immer beliebter.

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Zweck

Wir führen die Bio- und Forstindustrie in eine nachhaltige, von Innovationen geprägte und aufregende Zukunft.

Wir schaffen Werte, indem wir aus dem grenzenlosen Potenzial der Bioökonomie schöpfen.

Die Kompetenz, Integrität und Motivation unserer Mitarbeiter macht uns einzigartig.

Vision

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I N T I M E

EXTERNE ANERKENNUNG FÜR NACHHALTIGES WIRTSCHAFTEN In den Dow-Jones-Nachhaltigkeitsindizes für Europa und die Welt (DJSI) für 2017–2018 wird UPM als bestes Unternehmen im Bereich Forst- und Papierindustrie gelistet. Damit hat UPM diese Auszeichnung schon zum fünften Mal erhalten. Für den Index werden die Maßnahmen der Unternehmen für eine Eindämmung des Klimawandels und ihre Praktiken im Hinblick auf Lieferketten, Mitarbeiter, Unternehmensführung und Risiko­ management bewertet. Außerdem wird UPM von CDP in den Bereichen Wasser und Wälder auf der A-Liste geführt. CDP nimmt in seine globalen A-Listen Unternehmen auf, die im vergangenen Jahr mit ihren Maßnahmen zur Minimierung von Umweltrisiken neue Maß- stäbe gesetzt haben. UPM ist eines von vier Unternehmen, die sowohl im Bereich Wasser als auch im Bereich Wälder auf der A-Liste stehen.

Neue Bioraffinerie in Deutschland geplant UPM plant den Bau einer industrietauglichen Bioraffinerie im Gewerbegebiet Frankfurt-Höchst in Deutschland. Dieses Werk würde Bio-Monoethy­ lenglykol (bMEG), Bio-Monopropylenglykol (bMPG) und Lignin aus holzbasierten Rohstoffen produzieren, die aus nachhaltig bewirtschafteten Laubwäldern in Mitteleuropa stammen. Die jährliche Produktionskapazität läge bei 150.000 Tonnen. Bio-Monoethylenglykol wird in Textilien, Verpa- ckungsmaterialien und Enteisungsmitteln verwendet. Anwendungsgebiete von Bio-Monopropylenglykol sind pharmazeutische Produkte, Kosmetika und Reinigungsmittel. Lignin ist eine Komponente von Harzen, die als Bindemittel in der holzbasierten Produktion und in Kunststoffen, Schaumstoffen und Beschichtungen genutzt werden. Die kaufmännische und technische Vorplanungs­ phase wird schätzungsweise 12 Monate dauern. Die Grundlage für das Projekt wurde in über fünf Jahren in technischen Forschungs- und Entwick- lungsaktivitäten und Pilotprojekten geschaffen. UPM möchte seine Position als führender Hersteller von Sperrholz in Europa stärken und baut das Sperrholzwerk Chudovo in Russland weiter aus. Die 50 Millionen Euro umfassende Investition wird die Produktionskapazität wie auch das Produktsortiment des Werks erweitern. Am Werksstandort wird zudem ein neues biothermisches Kraftwerk errichtet, um den Bedarf an fossilen Brennstoffen zu reduzieren. Die Fertigstellung ist für Ende 2019 geplant. UPM wird auch die Effizienz des Zellstoffwerks Kaukas in Lappeenranta (Finnland) steigern und hier- für 30 Millionen Euro in die Neugestaltung ausge- wählter Phasen des Produktionsprozesses investieren. Die Nachfrage nach Zellstoff nimmt weiter zu, beson- ders für Körperpflegeprodukte, Verpackungen und andere Konsumgüter. Die modernisierten Teile des Werks werden den Betrieb im Frühling 2018 wieder- aufnehmen.

Investitionsvertrag für ein mögliches neues Zellstoffwerk in Uruguay

Im November unterzeichneten UPM und die uruguayische Regierung einen Investitionsvertrag, in dem die lokalen Voraussetzungen für eine potenzielle Investition in ein Zellstoffwerk festgehalten wurden. Der geplante Standort liegt in der Nähe der Stadt Paso de los Toros in Zentral-Uruguay. In der Vereinbarung sind die Rollen, die Verpflichtungen und der zeitliche Rahmen beider Parteien festgehalten, sowie die Punkte, über die vor dem endgültigen Investitionsbeschluss noch Einigkeit erzielt werden muss. „Eine solide Infrastruktur ist unerlässlich für die industrielle Entwicklung. Die Regierung Uruguays bekundet mit dieser Vereinbarung und dem zeitlichen Rahmen ihre ernsthafte Absicht. Das Abkommen legt den Grundstein für das Vorhaben von UPM, in ein hochmodernes Zellstoffwerk zu investieren“, sagt Jaakko Sarantola , Senior Vice President, Uruguay Development bei UPM.

Globale Partnerschaft mit dem FSC

UPM und der FSC ® (Forest Stewardship Council) haben ein strategisches globales Partnerschaftsabkommen unterzeichnet. Ziel ist es, die Forstzertifizierung durch den FSC mithilfe von Methoden zu fördern, von denen Forstbesitzer profitieren. So soll das Angebot an FSC-zertifiziertem Holz gesteigert werden. UPM arbeitet seit einigen Jahren eng mit dem FSC zusam- men, um das Zertifizierungssystem für Finnlands privates Forstwirtschaftssystem zu optimieren. Diese Tätigkeit wird UPM im Rahmen seiner strategischen Partnerschaft fortsetzen.

UPM INVESTIERT IN FINNLAND UND RUSSLAND

UPM Biofuels erhält das weltweit erste RSB-Zertifikat für Kraftstoffe auf Holzbasis Das RSB-Zertifikat für UPM Biofuels ist eine Anerkennung für die Nachhaltigkeit von UPM BioVerno Diesel und Naphtha sowie von Terpentin und Pech, allesamt Nebenprodukte der Produktionsverfahren. Der RSB (Roundtable on Sustainable Biomaterials) prüft die Rohstoff-Lieferkette sowie die Nachhaltigkeit und Zuverlässigkeit der Produktion. RSB ist eines von mehreren freiwilligen Systemen, die von der Europäischen Kommission genehmigt wurden, um zu unterstreichen, dass Biokraftstoffe den Nachhaltigkeitsanforderungen in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU entsprechen. Diese Anforderungen berück- sichtigen Emissionen von Treibhausgasen, biologische Vielfalt, Menschenrechte und soziale und ökologische Verantwortung entlang der gesamten Produktionskette.

Lesen Sie jetzt das Biofore Magazine und weitere interessante Beiträge auf www.upmbiofore.com.

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TEXT MATTI REMES   FOTOS UPM‚ MIT FREUNDLICHER GENEHMIGUNG DES INTERVIEWPARTNERS

Asiatische Verbraucher im Vorteil

Peter Berg N ach den Vorstellungen von Verbrauchsgüter ins Haus liefern und Sensoren in der Kleidung unser Wohlbefinden überwachen. Digitale und auf künstlicher Intelligenz basierende wachsenden Städten verlagern. Die Digitalisierung von Produkten und Dienstleistungen wird voran- schreiten, ebenso die Nachfrage in einem weiteren Wachstumssegment: den erneuerbaren Biomaterialien. Zukunftsforschern werden die Menschen im Jahr 2030 selbst­ fahrende Autos nutzen, Drohnen Bis zum Jahr 2030 wird sich der Mittelpunkt des weltweiten Verbrauchermarkts nach Asien und in die Mittelschicht der Technologien entwickeln sich so rasant, dass sich die Zukunft selbst über einen kurzen Zeitraum von wenigen Jahren kaum vorhersagen lässt. Der ausgewiesene Branchenkenner Peter Berg vonMcKinsey & Company prognostiziert, dass es für Verbraucher 2030 eine beträchtliche Anzahl von Produkten und Diensten geben wird, die sich heute niemand auch nur vorstellen kann. „Die Tatsache, dass es vor nur 15 Jahren weder iPhones noch Facebook gab, zeigt ziemlich anschaulich, wie schnell die Entwicklung voran­ schreitet.“ Für Berg, einen Experten für globale Verbrauchertrends bei Papier und Forsterzeugnissen, ist die allgemeine Richtung dennoch klar. „Der Schwerpunkt der Weltwirtschaft verschiebt sich gerade nach Asien, das wird auch für den Konsum gelten.“

DER WELTWEIT GRÖSSTE VERBRAUCHERMARKT

2015 Vereinigte Staaten

2030 China Indien Vereinigte Staaten Indonesien Japan

China Japan Indien Russland

Quelle: Brookings Institution

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Die Mittelschicht in Asien wächst rasch. Geschätzte Größe der Mittelschicht* nach Region (in Millionen Menschen).

Effiziente Logistik benötigt intelligente Verpackungen und Etiketten.

2015

2030

Die Mittelschicht wird in den nächsten Jahren wachsen, beson- ders in Ländern wie China, Indien, Indonesien und Vietnam. Dabei wird vor allem der zunehmende Wohlstand den weltweiten Konsum ankurbeln.

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733

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erworben werden. Ein weiterer globaler Trend lässt sich beobachten: DieMenschen legen weniger Wert darauf, die Produkte, die sie nutzen, auch tatsächlich zu besitzen. „Neben demCarsharing wird auch die gemeinsame Nutzung anderer Produkte und Dienstleistungen immer normaler werden.“ Die Veränderungen auf demVerbraucher­ markt werden sich auch auf die Nachfrage nach Produkten der Forstindustrie auswirken, meint Berg. „Da die Verbraucher digitale Kanäle stärker nutzen, wird die Nachfrage nach Papier durchMedien- undWerbebranche weiter sinken. Andererseits wird dank der wachsenden Kaufkraft der Mittelschicht und der Urbanisierung die Nachfrage nach Faserprodukten steigen.“ Hierzu gehören Hygieneprodukte wie Toilettenpapier, Papierhandtücher und Papiertaschentücher. Die Nachfrage nach Karton und anderemVerpackungsmaterial wird ebenfalls zunehmen. Dieser Trend wird von veränderten Konsumgewohnheiten in den Schwellenländern beeinflusst. Anstelle der traditionellen Straßen­ märkte werden verpackte Lebensmittel aus dem Supermarkt immer beliebter. Diese gesteigerte Nachfrage nach Verpackungsmaterial wird durch E-Commerce weiter beflügelt, da online erworbeneWaren rasch und sicher geliefert werdenmüssen. Berg weist darauf hin, dass intelli- gente Technologien auch schnell Einzug in den Bereich Verpackungsmaterialien finden werden. „Die Verbraucher wollen, dass ihre Mehr Hygienepapier und Verpackungen

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Welt gesamt:

3030

5412

* Nach der Definition der Brookings Institution gehören alle Haushalte mit einem täglichen Pro-Kopf-Einkommen von 11 bis 110 US-Dollar zur Mittelschicht.

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Quelle: Homi Kharas/Brookings Institution

Die wachsende Mittelschicht Die Steigerung des weltweiten Verbrauchs in den kommenden Jahren ist hauptsächlich auf das Wachstumund den zunehmenden Wohlstand der Mittelschicht in Asien und anderen Schwellenländern zurückzuführen. In China, aber auch in Indien, Indonesien und Vietnam gehören immer mehr Menschen zur Mittelschicht. Nach Angaben der US-amerikanischen Brookings Institution gehörten 2015 3MilliardenMenschen zur globalen Mittelschicht. Diese Zahl soll bis zum Jahr 2030 noch auf 5,4Milliarden steigen. Dieses Wachstumwird hauptsächlich in Asien stattfinden, wo 2030 zwei Drittel der weltweitenMittelschicht leben werden. Nach der Definition der Brookings Institution gehören alle Haushalte mit einem täglichen Pro-Kopf-Einkommen von 11 bis 110 US-Dollar zur Mittelschicht. Steigender Verbrauch durch Urbanisierung Wie Peter Berg anmerkt, habenMegatrends wie Urbanisierung und Bevölkerungs­ wachstum großen Einfluss auf den Konsum. Nach Schätzungen der UNOwird dieWeltbevölkerung bis 2030 um eine Milliarde auf insgesamt 8,6Milliarden Menschen zunehmen.

„Bis zu diesemZeitpunkt werden 60 Prozent der Bevölkerung weltweit in Städten leben“, so Berg. Derweil altert die Bevölkerung schneller, besonders in Industriestaaten. Aber auch in Schwellenländern wird der Anteil älterer Menschen in den kommenden Jahrzehnten zunehmen. Nach Angaben der UNO sind heute weltweit rund eineMilliardeMenschen älter als 60 Jahre. 2050 wird diese Zahl auf schätzungsweise 2,1 Milliarden steigen. Die Verbraucher von morgen Der Bedarf und die Kaufgewohnheiten von Konsumenten sind je nach Land unterschiedlich, dennoch sieht Berg viele Gemeinsamkeiten. „Verbraucher in aller Welt suchen nach Wegen, einfacher und ohne Aufwand einzukaufen. Genauso wünschen sie sich Produkte, die maßgeschneidert für ihre Bedürfnisse sind.“ Nach Einschätzung von Peter Berg werden die Digitalisierung und der technische Fortschritt dabei helfen, die sich verändernden Bedürfnisse der Verbraucher zu erfüllen. So wird sich beispielsweise die Entwicklung fort­ setzen, wonach immer mehr Produkte und Services über elektronische Kanäle

Bestellungen rasch nach Hause geliefert werden. Und sie möchten denWeg ihrer Bestellungen vomLager bis an ihre Tür nachverfolgen.“ Effiziente Logistik braucht intelligen- te Verpackungen und Etikettenmit inte­ grierten Sensoren, die wichtige Versand - informationen zur Analyse und Nutzung an digitale Systeme übermitteln. „Neue Technologien werden auch die Lebensmittelsicherheit verbessern. So könnte ein Sensor auf einer Milch­ packung anzeigen, ob die Kühlkette während des Transports unterbrochen wurde.“ Peter Berg ist fest davon überzeugt, dass die Begrenztheit der weltweiten Kapazi­ täten in den kommenden Jahren starken Einfluss auf Verbrauchertrends haben wird. Angesichts von Bevölkerungs­ wachstumund steigendemVerbrauch müssen Rohstoffe und Recyclingmög­ lichkeiten effizienter genutzt werden. In der Produktion werden zudem mehr erneuerbare Rohstoffe zum Bioökonomie als Antwort auf globale Herausforderungen

Einsatz kommenmüssen, um fossile und andere, nicht erneuerbare Roh- stoffe, zu ersetzen. „Biomasse und Biomaterialien werden in der Kreislaufwirtschaft und den damit verbundenen Innovationen eine immer größere Rolle spielen“, meint Berg. Er erklärt, dass Materialien auf Holz­ basis in unterschiedlichen Bereichen wie etwa demBauwesen gebräuchlicher werden. Ganz allgemein gesehen, wird Nachhaltigkeit imBauwesen aufgrund der Urbanisierung immer wichtiger. Mit der zunehmendenWeiterentwicklung von Produkten und Verfahren bietet Holz als Baumaterial große Vorteile, sei es nun imHinblick auf Kosten, Verarbeitungsgeschwindigkeit oder Nachhaltigkeit. „Je weiter Forschung und Produkt­ entwicklung voranschreiten, desto wahrscheinlicher wird es auch, dass Biochemikalien und andereMaterialien, die aus holzbasierten Rohstoffen gefer­ tigt sind, mit Produkten wie erdölba­ sierten Kunststoffen in vielen Bereichen wirtschaftlich konkurrieren können.“ 

„Biomasse und Biomaterialien werden in der Kreislaufwirtschaft und den damit verbundenen Innovationen eine immer größere Rolle spielen.“ – Peter Berg, McKinsey

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Nachhaltige und sichere Alltags­ produkte

ELEKTRIZITÄT für Beleuchtung und Heizen

MATERIALIEN AUF ZELLSTOFFBASIS für Verpackungen, Transport-, Lager- und Hygieneprodukte

PUBLIKATIONS­ PAPIERE zum Lesen und für Werbung

ETIKETTENMATERIAL für Lebensmittelverpackungen und Getränkeflaschen und zur Informationsvermittlung

SPEZIALPAPIER für Lebensmittelverpackungen

HOLZROHSTOFFE für Bauwesen und Innenraumgestaltung

BÜROPAPIERE zum Drucken

HOLZROHSTOFFE für Möbel und Inneneinrichtung

ETIKETTEN für Lebensmittelprodukte

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TEXT NIKHIL NARAYNAN SIVADAS   FOTOS JANNE LEHTINEN, TERVEYSTALO, UPM; MIT FREUNDLICHER GENEHMIGUNG DER INTERVIEWPARTNER

Die hervorragenden Barriereeigen- schaften von Rohstoffen auf biologischer Basis verhindern Infektionen.

Für Patienten ist die Anwendung dieser Materialien angenehmer.

2016 fest. Mit demmedizi­ nischen Fortschritt entwickeln sich nämlich auch die Erreger weiter. Die steigende Verbreitung von

Rohstoffe auf biologi­ scher Basis angenehm an. Außerdem ist die

Feuchtigkeitsregulierung besser. Dies unterstützt die Wundheilung undmacht die

Ali Harlin

Verbände länger haltbar. Daher zeigen Gesundheitsdienstleister zunehmend Interesse daran, derartige Produkte zu verwenden“, erklärt Ali Harlin , Forschungsprofessor imTechnischen ForschungszentrumFinnland VTT. Wiederverwendbare Produkte bergen Risiken Infektionen können über unzureichend gereinigte wiederverwendbare Produkte leicht übertragen werden. Inmodernen Krankenhäusern, in denen täglich Hunderte von Patienten behandelt werden, ist die Gefahr einer Epidemie sehr groß. „Da wiederverwendbare Instrumente mehrmals gereinigt, sterilisiert und wiederverwendet werden, ist es schwierig, eine wirklich gleichbleibende Qualität zu gewährleisten“, so Björn Carlzon , Global Franchise Director & Head of Marketing, Surgical Solutions bei Mölnlycke, einemweltweit tätigen Anbieter vonWundversorgungs- und Chirurgieprodukten für medizinisches Fachpersonal und Patienten. Studien zeigen, dass Reinigungsver­ fahren nicht immer gründlich genug sind und Reinigungs- undDesinfektionsgeräte oft nicht alle Verunreinigungen beseitigen.

multiresistenten Keimen wieMRSA stellt Gesundheitseinrichtungen vor die Heraus­ forderung, wirkungsvollere Verfahren zur Infektionskontrolle zu entwickeln. Ein Ansatz ist der zunehmende Umstieg von wiederverwendbarenmedizinischen Instrumenten auf Einwegprodukte. In diesemMarkt habenMaterialien aus synthetischen Polymeren den höchsten Anteil, doch auch ‚natürliche‘ Produkte auf biologischer Basis verzeichnen ein enormes Wachstum. Rohstoffe auf biologischer Basis kommen bereits in einigen Anwendungsgebieten zumEinsatz, etwa in der Wund- und Inkontinenzversorgung, in Arztpraxen und sogar für Kittel und Verpackungen von Instrumenten. Dies hat viele Gründe; unter anderem bilden sie eine hervorra­ gende Barriere gegen infektiöse Keime. Die Produkte sind biokompatibel und beständig gegenüber Säuren, Basen undMikroorganismen. Aufgrund ihrer atmungsaktiven Eigenschaften sind sie ideal für den Einsatz in Verbänden und bei der Wundversorgung. „Für die Patienten fühlen sich Einwegmaterialien auf dem Vormarsch

Erfolgreich im Kampf gegen Krankheiten D ie Entwicklung der medizi­ nischen Versorgung über die Jahrhunderte liest sich wie eine faszinierende Geschichte. Angesichts der Bedrohung durch Infektionen und multiresistente Keime müssen Gesundheitseinrichtungen Mittel und Wege finden, Infektionen zu bekämpfen

Gesundheitsversorgung revolutionierte. Dies eliminierte jedoch nicht das Risiko von Infektionskrankheiten. „Tagtäglich zieht sich schätzungsweise einer von 25 Krankenhauspatienten in den USAmindestens eine Infektion zu. Dies zeigt deutlich, wie wichtig ein besserer Infektionsschutz in Gesundheitseinrichtungen in den USA wäre“, hält die US-Gesundheitsbehörde Center for Disease Control (CDC) in ihremFortschrittsbericht zu kranken­ hausbedingten Infek-tionen für das Jahr

und dabei Kosten zu senken. Umweltfreundliche Materialien auf Zellstoffbasis sind hierfür genau das Richtige.

So wurden vor über 2000 JahrenWunden mit Essig und Thymianöl behandelt, da diese eine antiseptischeWirkung haben. Erst im 19. Jahrhundert begriffman den Zusammenhang zwischen schlechten hygienischen Bedingungen und Infektions­ krankheiten – eine Entdeckung, die den Einsatz von Desinfektionsmitteln und Sterilisationsverfahren begünstigte und die

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OP-Masken und andere Einwegprodukte sind immer steril, was das Infektionsrisiko im OP-Saal verringert.

Etiketten verbessern die Sicherheit im Gesundheitswesen

In Krankenhäusern und Gesundheits­ zentren werden Klebeetiketten für zahl­ reiche Zwecke benötigt. So dienen sie zumBeispiel dazu, Infor­ mationen zu übermitteln und Produkte nachzuverfolgen. Auch für Reagenzgläser sind verschiedenste Etiketten erforderlich. „Im Sinne der Patientensicherheit gelten für Etiketten imGesundheitswesen strenge Standards“, erklärt Markku Pietarinen , Manager bei UPMRaflatac Business Segments & Pharma. „Etikettenmüssen den Lagerungs­ bedingungen, chemischen Behandlungen und anderen komplexen Anwendungen imGesundheitswesen standhalten“, fährt Pietarinen fort.

„Neue gesetzliche Bestimmungen legen fest, dass medizintechnische Geräte zur Nachverfolgung über eine eindeutige Kennung verfügenmüssen. Die Etiketten von UPMRaflatac erfüllen diese Anfor­ derungen“, hält Pietarinen fest. „Die Etiketten können direkt auf dem Gerät und auf der Schutzverpackung steri­ lisierter Produkte angebracht werden. Sie sind auch für Blutkonserven geeignet, die für Blutspenden genutzt werden.“ Die neue EU-Fälschungsschutzrichtlinie sieht vor, dass alle Verpackungen verschrei­ bungspflichtiger Arzneimittel manipulati­ onssichereMerkmale aufweisenmüssen, damit festgestellt werden kann, ob die Packung entlang des Vertriebsweges illegal geöffnet wurde. BeimÖffnen der Arznei­ mittelpackung wird das Sicherheitssiegel durchtrennt, was die Auslieferung gefälschter Arzneimittel an Verbraucher durch legale Kanäle erschwert. „Wir haben als erstes Unternehmen Produkte auf denMarkt gebracht, mit denen Pharmaunternehmen die Vorgaben der neuen Richtlinie erfüllen können“, erklärt Pietarinen. Hilfsmittel gegen gefälschte Arzneimittel

Im Gesundheitswesen bestehen klare Wachstumschancen für die Etikettenlösungen von UPM Raflatac. Die gestiegene Nachfrage resultiert vor allem aus neuen Verpackungsbestimmungen, die Arzneimittelfälschungen verhindern sollen.

Björn Carlzon

eingesetzt.

Auch wenn die Nutzung von Einwegprodukten ganz eindeutig die Infektionsraten senkt, gibt es doch Bedenken wegen ihrer Umweltbilanz. Zellstoff ist jedoch ein holzbasierter, recyclingfähiger und bio- logisch abbaubarer Rohstoff. Dank neu entwickelter Technologien können Zell­ stoffprodukte wiederverwertet und zu neuen Produkten verarbeitet werden, was die Abfallmenge verringert. Da Recycling bei Hygiene- undMedi- zinprodukten keine Option ist, müssen andere Lösungen gefunden werden. „Es gibt verschiedeneMöglichkeiten, mit Krankenhausabfall umzugehen. Oft werden sie in Heizkraftwerken verbrannt, umdie freigesetzte Energie beispielsweise zumHeizen zu nutzen“, erklärt Carlzon. „Wir sind aktiv darum bemüht, die Umweltauswirkungen unserer Produkte zuminimieren. Bei OP-Sets können wir etwa alle nötigen Einwegprodukte gemeinsam verpacken, was den Bedarf an Verpackungsmaterial deutlich senkt und die CO 2 -Bilanz verbessert.“ Mit demmedizinischen Fortschritt nehmen auch die Einsatzmöglichkeiten umweltfreundlicher Produkte auf biolo­ gischer Basis weiter zu. Gewöhnliche Materialien wie Zellstoff ziehen die Aufmerksamkeit nicht so sehr auf sich wie ein neu entwickelter Operations­ roboter. Dennoch ist ihre Bedeutung für den Kampf gegen Infektionskrankheiten immens.

Kennungen für eine einfache Nachverfolgung

ImHerbst dieses Jahres hat UPMRaflatac ein neues Sortiment von RPMD-Produk- ten zur Etikettierung medizintechni­ scher Geräte und Verpackungen auf denMarkt gebracht. Die Palette von

„Die Unterschiede sindmit dem bloßen Auge nicht unbedingt zu erkennen, was das Risiko von Verunreinigungen weiter erhöht. Bei Einwegalternativen wird für jede Anwendung ein neues Produkt verwendet. Dies erleichtert die Qualitäts­ kontrolle und senkt das Kontaminations­ risiko“, fügt Carlzon hinzu. Krankenhäuser und andere Gesund­ heitseinrichtungen sind jedoch nicht die einzigen, die Einwegprodukte auf Zellstoffbasis nutzen. Die Produkte sind aus unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. So bietet etwa eine gründ­ liche Handhygiene wichtigen Schutz vor Infektionen, daheimund bei der Arbeit. Es genügt nicht, einfach nur Wasser über die Hände laufen zu lassen: Sie müssen gründlich getrocknet werden, um eine Verbreitung vonMikroben auszuschließen. Saugfähige Einweg-

Papierhandtücher sorgen für optimale hygienische Bedingungen für Hände undWaschräume. Aus diesemGrund spielen Hygieneprodukte aus Zellstoff, etwa Handtücher, Küchenrolle und Toilettenpapier, eine wichtige Rolle für Gesundheit und Hygiene. Fokus auf Nachhaltigkeit Ein Bericht des Marktforschungsunter­ nehmens Grand View Research geht davon aus, dass der globaleMarkt für medizi­ nische Einwegprodukte bis 2024 einen Umfang von 330Mrd. US-Dollar errei­ chen wird. ImVereinigten Königreich wurden Fasergussprodukte durch den National Health Service imRahmen des ‚Deep Clean‘-Projekts umfassend getestet und verwendet. Aufgrund ihrer Eignung für den Infektionsschutz werden diese Produkte nun auch in anderen Ländern

Geräten imGesundheitswesen reicht von Hüftprothesen bis hin zu Injektions-Pens.

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TEXT HELEN MOSTER   FOTOS JANNE LEHTINEN

Mikael Smolander, Tuija Räsänen und Jutaphak Jarotram verpacken Fichten- setzlinge von Hand.

Eija Hynninen und Jari-Pekka Koskinen überwachen die

Wachstumsbedingungen der Setzlinge an einem Computer im Kontrollraum.

Die Wiege gesunder Wälder

E ines schönen Herbstmorgens besuchen wir eine verschla­ fene Baumschule, die sich auf demLand imOsten Finnlands befindet. Wir sind in Joroinen, wo ein für die geografische Lage ausgenommen warmes Mikroklima herrscht. Der Boden ist für den Anbau gut geeignet, da es in der Nähe keine Sümpfe oder Moore gibt, die eine abkühlendeWirkung haben könnten. Da es sich umden Grund eines ausgetrock­ neten Sees handelt, ist die Erde weich und frei von Steinen. Heute befindet sich hier eine 27 Hektar große Baumschule. Sie ist die einzige Baumschule imBesitz eines Forstwirtschaftsunternehmens in Finnland, die jedes Jahr Hunderte Kilo Saatgut undMillionen von Fichten-, Kiefern- und Birkensetzlingen exportiert. UPM liefert jährlich über 50Millionen Setzlinge in alleWelt, die Eukalyptus­ produktion in Uruguay inbegriffen.

Lebendige Pflanzen und Automatisierung

Die Herbstzeit ist Erntezeit in Finnland. In Joroinen bedeutet dies, die Setzlinge winterfest zumachen. DieMitarbeiter arbeiten weit verstreut in den Gewächshäusern und auf den Anbauflächen imFreien. Auch sie sind in ihre Rolle hineingewachsen und ent­ scheiden oft unabhängig über die beste Pflege für ihre ‚Babys‘. Erfahrungsgemäß dauert es mindestens drei Jahre, umdie ganz besondere Sprache der Setzlinge verstehen zu können. Natürlich beginnt alles mit dem Samen. Aus hochwertigen Samen wächst in weniger als 30 Jahren einWaldmit kräf­ tigen, gesunden Bäumen, der für seinen Besitzer Gewinn abwirft. Dabei ist es ein langer, schwieriger Weg von einem winzigen Samen zu einem ausgewach­ senen Baum. Für diesenWeg möchte die Baumschule in Joroinen optimale Startbedingungen schaffen.

in Finnland gewachsen wären. Immonen kennt den Ursprung jeder einzelnen Saatgutcharge. Daher kann auch für jede Charge, die Joroinen verlässt, die Herkunft genau angegeben werden. Auch bei der Auswahl der Setz­ linge und ihrer Bestimmung gehen die Mitarbeiter der Baumschule sehr sorg­ fältig vor. Entscheidend ist der Genotyp. Nach Norden gehen Setzlinge, deren Samen schon aus demNorden stammen, Saatgut aus dem Süden ergibt Setzlinge, die wieder im Süden gepflanzt werden. Wenn die Zeit der Ernte kommt, kann Immonen den Ursprungsort der Setzlinge an der Farbe erkennen. Setzlinge aus Kainuu imNorden weisen ein kräftiges Dunkelgrün auf, da diese Pflanzen sich früher auf denWinter einstellen als ihre Verwandten aus dem Süden. Immonen geht in die Hocke und erklärt uns den „Farbcode“ an einer Parzelle mit

einjährigen Fichtensetzlingen. „Diese rötlichen Setzlinge hier haben bereits ihreWinterfärbung angenommen“, erläutert sie. Und tatsächlich kannman die verschie­ denen Farbtöne gut unterscheiden, wenn man ganz genau hinsieht. Auf den ersten Blick wirkt die Baumschule wie ein ein­ töniges Meer junger Bäume, aber schon bald erkennt das Auge eine große Vielfalt. Selbstverständlich kann ein ungeübtes Auge nicht mit den Gärtnernmithalten, die sich umdie Setzlinge gekümmert haben seitdemdiese gekeimt sind, und genau wissen, woran sie in den einzelnen Wachstumsphasen robuste Setzlinge erkennen können. „Wir nutzen nur das beste Saatgut, da nur so auch gesundeWälder entstehen. Genau wie beimWein ist kein Jahrgang gleich, und wir erkennen sofort die Unterschiede“, so Immonen.

Saatgut und Setzlinge werden in Baumschulen gehegt und gepflegt – denn ein kräftiger Genpool ist die Voraussetzung für gesunde Wälder.

Geschäftsführerin Anne Immonen fährt mit der Hand sachte durch eine mit Pinien­ samen gefüllte Schale – eine sehr beruhi­ gende Tätigkeit, wie sie findet. In der Schale befinden sich 1,5 Kilogramm Samen, genug für 150.000 Setzlinge und einen Pinien­ wald von rund fünf Hektar Größe. Welch Verschwendung, sie einfach in dieser Schale zu lassen! Aber keine Sorge, diese Samen sind nicht mehr keimfähig – imGegensatz zu all den Chargen in ihren Kunststoff­b ehältern imLager, die exklusiv von finnischen Saatgutproduzenten und aus denWäldern beschafft wurden. Um die Verbreitung von Pflanzenkrankheiten zu verhindern, kauft UPMniemals im Ausland Samen ein; obendrein wüsste man nicht mit Sicherheit, ob derartige Samen und die daraus entstehenden Bäume den harten, schneereichen Bedingungen

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Anne Immonen hat ein Doppel­ studium in Forstwirtschaft und Betriebs­ wirtschaftslehre absolviert und ist mit Leib und Seele Baumschulerin. Seit 2006 hat sie die Leitung der Baumschule inne. Während dieser Zeit haben tech­ nische Neuerungen Einzug gehalten: Schwere körperliche Arbeit wird nun durch Automatisierung ersetzt, umden Arbeitsalltag zu erleichtern. Zuletzt wurde eine automatische Packstraße für das Verpacken der Setz­ linge angeschafft. Als Nächstes soll sie durch eine automatische Saatstraße ergänzt werden. Auch der neue Leitstand ist fast fertig. Schon bald werden die Baumschuler in der Lage sein, das Keimen des Saatguts, die Belüftung der Gewächs­ häuser, den Düngerbedarf der Setzlinge und andere Faktoren amMonitor zu prüfen. Dies wird das Arbeiten ergono­ mischer gestalten und Kapazitäten für andere Aufgaben schaffen. Die lebendigen Setzlinge sind und bleiben jedenfalls das Herzstück der Baumschule. Anne Immonen führt ihre Besucher herumund legt dabei eine Selbstsicherheit an den Tag, die von Erfahrung herrührt. Also Augen und Ohren auf! Bewässern und Verpacken AmRande einer Parzelle mit Setzlingen treffen wir Mari Nykänen , die gerade die Bewässerungsanlage über den Fichten­ setzlingen überprüft. In letzter Zeit hat es häufig geregnet, weshalb auch weniger gegossen werdenmuss. Nach demBewässern wird Nykänen den Herbstdünger ausbringen – die letzte

(Rechts) Mari Nykänen prüft die Bewässerung von Fichtensetzlingen. (Unten) Jutaphak Jarotram kontrolliert Fichtensetzlinge.

Aufgabe vor Anbruch des Winters. Eine gesunde Dosis Stickstoff verschafft den Setzlingen einen Energieschub, der ihnen über denWinter hilft. DieMitarbeiter achten genau auf denWetterbericht. Baumschulgärtner Tero Kallinen ruft die aktuellen Daten auf dem Smartphone ab. Weit wichtiger als das Display ist jedoch die Farbe der Setzlinge, die imFreien wachsen. Ein echter Experte sieht auf den ersten Blick, ob eine Pflanze umgesetzt werden sollte oder ob Dünger und Nährstoffe verändert werdenmüssen. „Wenn der Regen den Dünger ständig fortspült, bleibt der Pflanze womöglich zu wenig, oder man bringt den falschen Dünger zur falschen Zeit aus“, erklärt Tero Kallinen. „Unser Leben wird hier ganz vom Wetter bestimmt. Auch in diesem Sommer mussten wir wieder rasch reagieren und unsere ursprüngliche Planung anpassen“, fährt er fort. Umdie richtigen Entscheidungen zu tref­f en, braucht es Weitblick und Intuition.

„Glücklicherweise sind viele Augen­ paare auf unsere Pflanzen gerichtet“, lacht Immonen. Vom manuellen zum automatisierten Verpacken Tuija Räisänen , Jutaphak Jarotram und Mikael Smolander sind gerade in den Setzlingsparzellenmit Verpacken beschäftigt. Um sie herum stehen Trans­ portplatten und Schachteln, eine Verpa­ ckungsmaschine in der Mitte. Jarotram prüft die Setzlinge einzeln und sortiert Unkraut und schwache Pflänzchen aus. Ein guter Setzling weist eine wohlge­ formte Spitze auf, hat keine Gabelungen im Stamm, zeigt keine Anzeichen von Lygus rugulipennis und hat einen kräftigen Wurzelballen. Hinter der Setzlingsreihe wird eine Herkunftskennung sichtbar, der wir ent­ nehmen, dass die drei Gärtner mit den Sprösslingen eines Waldes im südfinni­ schen Pohja beschäftigt sind. Nach der Qualitätskontrolle nimmt Räisänen die Setzlinge von der Trans­ portplatte und setzt sie in eine Schachtel. Die Arbeit wirkt so kinderleicht, wie das Stürzen eines Kuchen aus der Form auf eine Servierplatte. Ichmöchte es auch versuchen. Mich erwartet allerdings eine Überraschung: eine Transportplatte wiegt sechs Kilogramm! In nur einem Monat heben und tragen dieMitarbeiter 30 Tonnen Setzlinge. Wenn die neue automatisierte Packstraße erst einmal

in Betrieb ist, wird das schwere Heben nicht mehr nötig sein – zweifellos ein Segen für die Gesundheit und den Rücken der Baumschuler. Zu guter Letzt platziert Smolander die Setzlinge komplett mit Wurzelballen in Schachteln und dann in Container. Timo Ikäheimo, der Logistik-Experte der Baumschule, hat den Transport schon organisiert, damit die Setzlinge zumbesten Zeitpunkt auf denWeg gebracht werden. Ganz so weit ist es aber noch nicht: Sehen wir uns erst einmal an, was drinnen vor sich geht. Weiche Landung in einer harten Welt LauteMusik ertönt neben der hohen Gewächshauswand – sogar laut genug für diejenigen, die gerade auf halber Höhe des riesigen Gewächshauses arbeiten. Hier liegen drei Mitarbeiter auf einer merkwür­ digen Vorrichtung, einem so genannten „Jäteflieger“. Sie greifen fleißig unter sich, während sie sich unterhalten. Vor unseren Augen erstrecken sich eine Million winziger Fichtensetzlinge, die noch keine drei Monate als sind. Eija Hynninen , Anne Hassinen und Jari- Pekka Koskinen liegen auf demWagen, den sie liebevoll „Ferrari“ nennen, und jäten Unkraut. Die Setzlinge müssen vor demWinter gesäubert werden, um Schimmel und anderen Befall zu vermeiden. „Sie sind unsere Babies. Sie wachsen ähnlich schnell wieMenschenkinder

Anne Immonen ist mit Leib und Seele Baumschulerin.

„Wir nutzen nur das beste Saatgut, da nur so auch gesunde Wälder entstehen. Genau wie beim Wein ist kein Jahrgang gleich, und wir erkennen sofort die Unterschiede.“

und werden auch ungefähr so alt wie Menschen“, so Immonen. Die Setzlinge werden in Torf gepflanzt, jeder in einem eigenen Töpfchen. Die Erde ist bedeckt mit einer dünnen Schicht Sägespäne, damit sie nicht austrocknet und keinMoos wachsen kann. Es ist wichtig, dass die Setzlinge gleich zu Beginn ihres Lebens einen kräftigenWurzelballen entwickeln. Aus demGewächshaus werden die Setzlinge dann nach draußen gebracht, um sie abzuhärten. „Es fällt uns nicht leicht, imHerbst die Gewächshaustüren aufzureißen und unsereMillionen von Kindern der kalten Luft auszusetzen“, meint Gärtnerin Anne Hassinen. Die zarten Setzlinge sind bis jetzt unter kontrollierten Bedingungen gewachsen. Jetzt brauchen sie den anfänglichen Schock durch die Kälte, damit sie später ausgebracht werden können. Finnische Bäume müssenmit extremenWitterungs- bedingungen zurechtkommen. ImSommer können die Temperaturen auf bis zu 30 °C

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TEXT SAARA PAKARINEN FOTOS JANNE LEHTINEN, SAMI KULJU

In nur einem Monat heben und tragen die Mitarbeiter 30 Tonnen Setzlinge.

JUNGWÄLDER IM WACHSTUM

Pia Nilsson, Produktverant­ wortliche von Biomedicals (links), Forschungsleiterin Vilja Pietiäinen vom FIMM und Produktexperte Lauri Paasonen von UPM arbeiten in der Krebsforschung eng zusammen.

Auch wenn er inzwischen in Altersteilzeit ist, schaut Martti Bagge nach wie vor jede zweite Woche in der UPM- Forstverwaltung in Juva auf einen Kaffee vorbei. Sein Gesprächspartner ist der verantwortliche Forstexperte Pekka Harmoinen . Sie unterhalten sich über verschiedene Themen, am liebsten spricht Bagge jedoch über seine Wälder. Gesunde Wälder liegen ihm naturgemäß am Herzen: schließlich ist er in einem großen Gebiet rund um Juva für Wälder verantwortlich, die sich im Besitz seiner Familie und der Familie seiner Frau befinden. In seiner Tätigkeit als Hüter des Waldes geht Bagge methodisch vor. Seine Waldstücke sind unterschiedlich alt, und ihm sind wirtschaftlicher Nutzen und Erholungswert gleichermaßen wichtig. Im Jahr 2016 beaufsichtigte Bagge die erste mechanische Pflanzung von 7 Hektar Fichtenwald. Zu diesem Zweck bestellte er bei der UPM-Baumschule in Joroinen rund 13.000 Setzlinge.

Teamwork für erstklassige wissenschaftliche Forschung

(Rechts) Eija Hynninen, Anne Hassinen und Jari-Pekka Koskinen jäten Fichtensetzlinge.

U PMBiomedicals ist federfüh­ rend für die Aktivitäten von UPM imBereich der medizinischen Forschung verantwortlich. Die Abteilung ist seit einigen Jahren als Teil von UPMBiochemicals tätig und kann bereits auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit unter­ schiedlichen Forschungsinstituten zurück­ blicken. Vor etwa drei Jahren wurde imRahmen eines bereichsübergreifenden Projekts zwischen UPMund der Universität von Helsinki GrowDex®, ein auf Zellulose basie­ rendes Hydrogel, auf denMarkt gebracht. Es ist damit das ersteMedizinprodukt, das von UPMBiomedicals auf denMarkt eingeführt wurde. Obwohl es ein relativ neues Produkt ist, hat es letztes Jahr bereits einen Preis für Innovation imChemiesektor gewonnen. Gemeinsam für die Krebsforschung GrowDex wird auch am Institut für MolekulareMedizin Finnland (FIMM)

steigen, umdann imWinter auf bis zu -30 °C zu sinken. In den Außenparzellen werden die Setzlinge mit Kunstschnee bedeckt, um sie vor demhartenWinter zu schützen. Wenn sie dann imFrühling ein Jahr alt sind, sind sie kräftig genug für den Verkauf. Manche Setzlinge werden im Frühling gepflanzt, andere imHerbst. Die Arbeit in der Baumschule folgt dem Jahresrhythmus: ImFrühling keimen die Samen, im Sommer wachsen die Setzlinge und imHerbst werden sie geerntet. Die Baumschule ist aber nicht nur damit beschäftigt, Setzlinge zu ziehen, sondern schafft auch neue Produkte: zu ihren am weitesten fortgeschrittenen Innovationen gehören die Zwergbirke „Pikkukoivu“ und die Zwergkiefer „Pikkolomänty“. Innovation und Forschungs­ kooperationen

Die Baumschule arbeitet eng mit Universitäten und Forschungsinstituten zusammen. Geschäftsführerin Anne Immonen träumt davon, eines Tages zu expandieren. Die Grundlage für zukünftiges Wachstum wird gerade gelegt, etwa mit den neuen Pack- und Saatstraßen. Schon bald werden dieMitarbeiter auch in der Lage sein, die Setzlinge ganzjährig in Schichten zu verpacken, nicht nur bei günstigen Wetterbedingungen imFreien. Auf diese Weise ist die Verfügbarkeit von hochwer­ tigem Saatgut ganzjährig gesichert. Unser Rundgang endet im Saatgutlager. Logistik-Experte Timo Ikäheimo öffnet einige Schränke und zeigt uns etiket­ tierte Kunststoffbehälter. Die Samen darin sind sozusagen gesunde Bäume in Embryonalform, und die in Joroinen gezo­ genen Setzlinge mit ihrem erstklassigen Erbgut sind die Grundlage von Finnlands prächtig gedeihendenWäldern. 

der Universität Helsinki eingesetzt. Dort wird es als Zellkulturmatrix in der Krebs­ forschung verwendet. Für das gemein­ same Projekt von UPMund FIMMwerden die Bereiche Bioökonomie und personali­ sierteMedizin kombiniert. „Wir betreiben hier Krebsforschung. Wir erhalten Krebszellenproben aus einer benachbarten Klinik und kultivieren diese für mitunter medizinische Test­ zwecke unter verschiedenen Bedingungen, beispielsweise in GrowDex-Gel. Wir interessieren uns außerdem für dieMuta­ tionen in Krebszellen“, erklärt Vilja Pietiäinen , der in leitender Position am FIMM tätig ist. Pietiäinen gehört zu einer Forschungsgruppe unter Leitung von Professor Olli Kallioniemi . Krankheiten auf den einzelnen Patienten abgestimmt zu behandeln hat sich in den letzten Jahren zu einem viel diskutierten Thema entwickelt. Darüber hinaus versuchen die Forscher amFIMM

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UPM Biochemicals ist eine biomedizinische Abteilung von UPM Biomedicals, die u.a. die Zusammen- arbeit zwischen Unter- nehmen und Universitäten fördert.

Martti Bagge ist ein erfahrener Waldbesitzer im Osten Finnlands. Er verwaltet über 100 Hektar Wald verschiedener Altersstufen.

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zu verstehen, wie Krebs eigentlich ausge­ löst wird, wo der exakte Entstehungsort bei einemPatienten liegt und wie dessen Krebszellen auf verschiedene Medikamente reagieren. „Genau wie jeder Patient ist auch Krebs höchst individuell“, so Pietiäinen. „Aus diesemGrund wird das Konzept der personalisiertenMedizin derzeit weltweit immer beliebter“, ergänzt Lauri Paasonen , Produktexperte und Forscher bei UPM, der mit Pietiäinen imForschungszentrumBiomedicum in Meilahti, Helsinki, zusammenarbeitet. Das gemeinsame Krebsforschungsprojekt von UPMund FIMMentstand, als UPM 2016 eine neue Innovationsabteilung amForschungs- und Bildungszentrum Biomedicum einrichtete. Das FIMM war bereits zuvor an dieser Einrichtung tätig gewesen. „Unsere Forscher warenmit GrowDex vertraut, und wir verfolgten seine Entwicklung von Anfang anmit großem Interesse. Als unsere eigenen Forschungsprojekte so weit gereift waren, dass Zellkulturen in dreidimensionalen Modellen für uns interessant wurden, war diese Zusammenarbeit der logische nächste Schritt“, erinnert sich Pietiäinen. Die Forschung in diesemBereich Spontane Zusammenarbeit auf dem Campus

steht noch ganz amAnfang, aber es gibt bereits einige wichtige Erkenntnisse. Es ist beispielsweise gelungen, einzelne Krebszellen von Patienten zu isolieren und diese in demGel zu 3D-Zellkulturen, so genannten kugelförmigen Aggregaten, heranzuzüchten. Die nächste Aufgabe für das Forschungsteam besteht nun darin, zu untersuchen, inwieweit diese kultivierten Zellenmit den Krebszellen imPatienten vergleichbar sind. Danach folgen Tests, umherauszufinden, mit welcher Medizin die Krebszellen effektiv abgetötet werden können. „Wir sind bestens ausgerüstet und die Vorbereitungen laufen nun schon eine ganzeWeile. Unsere Forschung wäre ohne die neuen Technologien nicht möglich, aber auch die Klinik spielt für das Gemeinschaftsprojekt eine wichtige Rolle“, erläutert Pietiäinen. Außerdem sei die biomedizinische Abteilung von UPM ihrer Zeit voraus, da sichmittler­ weile sowohl die personalisierteMedizin als auch 3-D-Zellkulturen zu äußerst zukunftsträchtigen Forschungsberei­ chen entwickelt hätten. „Führende Pharmaunternehmen sind derzeit sehr an 3D-Medikamenten­ tests interessiert. UPM ist genau zum richtigen Zeitpunkt in diesen Bereich eingestiegen, da das Interesse von Tag zu Tag wächst“, so Pietiäinen. 

Kultivierung adulter Stammzellen Dr. Darius Widera, University of Reading, Großbritannien

UPM Biomedicals war bislang in Espoo, der zweitgrößten Stadt Finnlands, beheimatet. Im vergangenen Jahr zog man dann in eine neue Innovationsabteilung am Forschungs- und Bildungszentrum Biomedicum nach Meilahti, Helsinki, um. Viele hochrangige Forschungseinrichtungen sind entweder direkt auf dem Campus oder in der Nähe angesiedelt, darunter die medi- zinische Fakultät der Universität von Helsinki, der Krankenhausbezirk von Helsinki und Uusimaa (HUS), das staatliche Institut für Gesundheit und Wohlfahrt (THL), das Minerva Forschungszentrum, das Institut für Molekulare Medizin Finnland (FIMM) und das Haartman- Institut. Mehr als 2.300 Forscher und Studenten besuchen das Biomedicum täglich. „Hier befinden sich Medizinforscher und andere Experten des Sektors ganz in der Nähe. Wir sind Teil einer größeren Gemein­ schaft. Auch die anderen profitieren natür- lich von unserem Fachwissen“, erläutert Pia Nilsson , Managing Director bei UPM Biomedicals. Im Biomedicum-Zentrum treffen sich Wissen­ schaftler regelmäßig mit ihren Kollegen und teilen die neuesten Forschungsdaten aus ver- schiedenen Bereichen miteinander. GrowDex ist aktuell das wichtigste Produkt von UPM Biomedicals auf dem Markt, aber andere Produkte stehen kurz vor der Veröffentlichung, wie zum Beispiel ein Wundverband für den professionellen Einsatz. „Unser Wundpflegeprodukt wird derzeit in klinischen Studien getestet und die Resultate sind vielversprechend“, so Pia Nilsson. ZENTRUM DER INNOVATION

Die Forschungsgruppe von Dr. Widera ermittelt das Potenzial adulter Stammzellen in der Behand­ lung verschiedener degenerativer Störungen und Krankheiten. „Unsere Studie ergab, dass GrowDex mit menschlichenMSC biokompatibel ist und sich für ein Upscaling der Kultur gut eignet. Alle mit GrowDex kultivierten Chargen waren qualitativ sehr homogen, und das Gel war einfach zu hand­ haben. GrowDex neigt weniger als andere Hydrogels zur Bildung von Luftbläschen, die die Lebensfähigkeit der Zellen und die Einheitlichkeit des Gels beeinträchtigen würden. Stammzellkulturenmit GrowDex sind deutlich kostengünstiger, da bei 3D-Kulturenmehr Zellen pro Volumen des Kulturmediums wachsen können.“ Dr. Rinners Forschungsteam arbeitet an neuen Behandlungsstrategien für seltene Krebsarten. Dabei hat sich GrowDex als optimales Kultur­ medium für eine ganz bestimmte Kultivierung von Melanomzellen Dr. Beate Rinner, Medizinische Universität Graz, Österreich

Grow Dex ®

• GrowDex ist das erste Medizin- produkt, das von UPM Biomedicals auf den Markt gebracht wurde. • Die Zusammensetzung des auf Zellulose basierenden Hydrogels ist mit den Bedingungen im menschlichen Körper vergleichbar. Aus diesem Grund kann das Gel als Zellkulturmatrix eingesetzt werden. • GrowDex ist in dieser Beziehung schätzen die Konsistenz und den pflanzlichen Ursprung des Produkts, da dies bessere Resultate auf ethisch-nachhaltige Weise garantiert. einzigartig, da es vollständig pflanzenbasiert ist. Forscher

Darius Widera

So arbeitet die Forschung mit GrowDex

Kultivierung von neuronalen Zellen Dr. Paul Roach, Loughborough University, UK

Dr. Roach und sein Forschungsteam entwickeln 3D-Mikro­ fluidchips mit mehreren Kanälen, alsoModelle, die die Aktivitäten und die mechanischen wie physiologischen Reaktionenmenschlicher Gewebe simulieren. Als Dr. Roach zum erstenMal von GrowDex hörte, stellte er begeistert fest, dass das Material pflanzlichen Ursprungs ist. „Ich war neugierig, wie es in unseren Geräten funktio­ nieren würde. Meine Studierenden berichteten bald, dass es von den in der Studie genutzten Gels mit am besten abschnitt. GrowDex ist hervorragend dafür geeignet, sehr feineMikro- Features in Neuronenkulturen zu replizieren. Ich habe es auch Kollegen von anderen Universitäten empfohlen.“

Beate Rinner

Linie vonMelanomzellen erwiesen. Rinner hatte nach einemungif­ tigen, benutzerfreundlichenMedium für 3D-Zellkulturen ohne Komponenten auf tierischer Basis gesucht. „Wir wollten unsere Linie NRAS-mutierter Melanomzellen in GrowDex kultivieren, um ihr Wachstumsverhalten in 3D zu sehen. Zu Beginn fanden wir die Arbeit mit GrowDex nicht ganz einfach, da das Gel aufgrund seiner Viskosität nicht leicht zu pipettieren ist. Aber das natürlicheWachstumder Zellen hat uns mehr als entschädigt.“

Paul Roach

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