UPM Biofore Magazine 1-2019 DE

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DAS UNTERNEHMENSMAGAZIN 1/2019

VON DER FOSSILBASIERTEN WIRTSCHAFT HIN ZUR BIOÖKONOMIE

Schauen Sie sich um. Fast alles, was Sie sehen, kann bald aus biobasierten Materialien hergestellt werden. Die Lösung für den weltweiten Konsumanstieg wächst in verantwortungsbewusst bewirtschafteten Wäldern. Bei uns werden Holzfasern, Moleküle und Produktions- rückstände sinnvoll eingesetzt, um nachhaltige, fossilfreie Alternativen für eine Vielzahl von Anwendungszwecken zu schaffen. Unser Ziel ist es, einen verantwortungsvollen Weg in eine nachhaltige, innovationsgetriebene und spannende Zukunft ohne fossile Rohstoffe zu weisen. upm.com/biofore

VON DER FOSSILBASIERTEN WIRTSCHAFT HIN ZUR BIOÖKONOMIE

INSPIRATION durch die unerschöpflichen Möglichkeiten der Bioökonomie BEREITSTELLUNG erneuerbarer und verantwortungsvoller Lösungen INNOVATIONEN für eine Zukunft ohne fossile Rohstoffe

BIOFORE IST DAS WELTWEITE UNTERNEHMENSMAGAZIN DER UPM-KYMMENE CORPORATION

Edi tor ial

Eine Reise, die sich lohnt Der anhaltende Anstieg des globalen Konsums ist ein Zeichen für einen wachsenden Wohlstand von immer mehr Menschen auf der Welt. Das Risiko, die verfügbaren Ressourcen zu überlasten und den Klimawandel zu beschleunigen, ist indes ein Problem, das nicht ignoriert werden kann. Die Frage, die wir uns gestellt haben, lautet: Wie können wir die Lebensqualität weltweit steigern, ohne die natürlichen Ressourcen unseres Planeten zu überlasten? Alles beginnt mit dem verantwortungsvollenManagement der bewirtschaftetenWälder. Wir fördern eine nachhaltige Forstwirtschaft und verantwortungsbewusste Holz­ beschaffung, um das Wachstum der Wälder und ihre zahlreichen Vorteile für uns alle zu sichern. Wachsende Wälder mindern den Klimawandel, da sie als wirksame CO 2 - Senken fungieren und mehr Kohlenstoff absorbieren, als sie freisetzen. Wussten Sie übrigens, dass wir bei UPM etwa 100 neue Bäume pro Minute pflanzen? Darüber hinaus bietenWälder nachwachsende Rohstoffe wie Holzfasern und Bio­ moleküle, die wir innovativ und effizient einsetzen, um fossile und nicht erneuerbare Rohstoffe in zahllosen Anwendungen zu ersetzen. Als weltweit führender Anbieter imBereich der waldbasierten Bioindustrie sind wir bestens positioniert, um der Welt denWeg in eine Zukunft ohne fossile Rohstoffe zu weisen. Diese Mission vereint alle Mitarbeiter von UPMweltweit. Für mich sind forst- und biobasierte Innovationen Tag für Tag eine endlose Quelle der Inspiration. Da ich selbst nun einen neuenWeg gehe, möchte ich mich bei dieser Gelegenheit bei all meinen Kollegen, unseren Kunden, Partnern und Lesern für die unvergessliche gemeinsame Reise bedanken. Es war mir eine Freude, einen Teil dieses Weges gemeinsammit Ihnen zurücklegen zu dürfen. So lautet auch unser Versprechen: UPMBiofore – Zukunft ohne fossile Rohstoffe.

ELISA NILSSON Vice President, Brand and Communications, UPM

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Inhal t

03 EDITORIAL

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04 INHALT

08 RUNDSCHREIBEN DER EU Vizepräsident der Europäischen Kommis­ sion Jyrki Katainen gibt Einblicke in bevorstehende Gesetze zumRecycling von Kunststoffen. 12 ERNEUERBARE KUNSTSTOFFE – EINE ZUKUNFTSWEISENDE LÖSUNG Erneuerbare Kunststoffe auf biologischer Basis bieten den Komfort herkömmlicher Kunststoffe, jedoch mit einer deutlich geringeren CO 2 -Bilanz. 18 KÖNNEN WIR DEN KLIMAWANDEL AUFHALTEN? Die Emissionen drastisch zu senken, ist die einzige Möglichkeit, bestätigt Secretary- General vonWMO Petteri Taalas. 22 BIOENERGIE–WAS DIE WELT VON HEUTE BRAUCHT Die verstärkte Nutzung von Transport- Biokraftstoffen wäre ein wichtiger Schritt in Richtung einer emissionsfreien Zukunft. 26 EIN KÖRNCHEN HOFFNUNG FÜR DAS KLIMA Die Früchte der Brassica-Carinata-Pflanze sind für einen CO 2 -neutralen Verkehr ausgesprochen vielversprechend. Der Massenbilanzansatz könnte den Weg für ein branchenweites chemisches Zertifizierungssystem ebnen. 34 PRAKTISCHE EINBLICKE IN DIE ARBEITSWELT FÜR SCHÜLER Sechstklässler erhalten imRahmen einer finnischen Bildungsinnovation einen Vorgeschmack auf die Arbeit für UPM. 32 BILANZIERUNGSAKT FÜR CHEMIKALIEN

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35 ES WIRD ZEIT FÜR LIGNIN Ein holzbasierter Ersatz für fossile Roh­ stoffe ist auf demWeg zumDurchbruch.

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38 ONLINE-EINZELHANDEL IN CHINA

Der chinesische Online-Shopping-Markt bietet einen futuristischen Vorgeschmack auf die Zukunft.

44 NACHHALTIGKEIT AUF DER ÜBERHOLSPUR

CHEFREDAKTION Elisa Nilsson

Erneuerbare Biokraftstoffe bieten um­ weltfreundliche Transportlösungen ohne kostspielige Investitionen in neue Infrastrukturen. 48 DER RICHTIGE WEG Geringere Emissionen und verbesserte Logistik – zwei Seiten eines komplemen­ tären Ansatzes. 52 WIN-WIN-SITUATION FÜR DIE BIOLOGISCHE VIELFALT Ein gesunder Planet ist gut fürs Geschäft: Baumschwämme und Fischadler führen Buch über den Zustand unserer Wälder. 56 INSPIRIERENDE DNA Das Biofore Site-Konzept von UPMRaflac fördert eine Kultur der Nachhaltigkeit.

REDAKTIONSLEITUNG Sini Paloheimo Saara Töyssy

REDAKTION Heli Aalto Veera Eskelin Markku Herrala Sari Hörkkö Kristiina Jaaranen Klaus Kohler Anneli Kunnas

Marjut Meronen Marika Nygård Maarit Relander-Koivisto Säde Rytkönen Annika Saari Tommi Vanha Päivi Vistala-Palonen

48

DEUTSCHE REDAKTION Aleksandra Meyer

GESTALTUNG Valve

58 IN TIME

DRUCK Erweko Oy

UMSCHLAG UPM Finesse Silk 200 g/m²

INNENSEITEN UPM Finesse Silk 130 g/m²

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UPM-KYMMENE CORPORATION PO Box 380 FI-00101 Helsinki Tel. +358(0)20415111

upm. de

Wir liefern erneuerbare und verantwortungsbewusste Lösungen und Innovationen für eine Zukunft ohne fossile Rohstoffe in den folgenden sechs Geschäftsbereichen: UPM Biorefining, UPM Energy, UPM Raflatac, UPM Specialty Papers, UPM Communication Papers und UPM Plywood. Wir beschäftigen weltweit insgesamt etwa 19.000 Mitarbeiter und unser Jahresumsatz liegt bei circa 10 Mrd. Euro. Unsere Aktien sind im NASDAQ OMX Helsinki notiert. UPM BIOFORE – BEYOND FOSSILS. upm. de

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UPM BioVerno Naphtha

Die natürliche Lösung für erneuerbare Kunststoffe 

THEMA Herkömmliche Getränkekartons

HERAUSFOR- DERUNG Entwicklung eines 100 % erneuerbaren*

bestehen zu 20 % aus fossilen Kunststoffen.

Getränkekartons mit einem verringerten CO 2 -Fußabdruck.

* bezogen auf die Stoffbilanz

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DER ZU 100 % AUF HOLZ BASIERENDE GETRÄNKE- KARTON

BIOFORE- LÖSUNG Zusammenarbeit mit Dow und Elopak zur Herstellung eines Kunststoffs für Getränkekartons aus holzbasiertem UPM BioVerno Naphtha.

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TEXT Vesa Puoskari   FOTOS Juha Roininen / EUP-IMAGES; Janne Lehtinen; UPM

„DURCH WIRTSCHAFTLICHE ANREIZE und neue Gesetze

möchten wir Unternehmen dazu ermutigen, ihre linearen Geschäfts­ modelle in eine Kreislaufwirtschaft umzuwandeln“, so Kommissions- vizepräsident Jyrki Katainen.

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Die Kreislaufwirtschaft – eine Säule der EU-Wirtschaftspolitik Die Kreislaufwirtschaft ist ein Megatrend in der Weltwirtschaft, hat sich aber auch schnell zu einem zentralen Element der europäischen Wirtschaftspolitik entwickelt. Das Ziel von Politikern und Unternehmen ist es, die Verwendung fossiler Rohstoffe durch Recycling und Wiederverwendung zu reduzieren und sie durch erneuerbare Alternativen zu ersetzen.

D ie Europäische Kommission berei­ tet derzeit Gesetze vor, die das Recyc­ ling von ölbasierten Kunststoffen stärker fördern sollen. Wir behan­ deln das Thema mit Kommissions­ vizepräsident Jyrki Katainen , um seine Erkenntnisse über die bevorste­ hende Gesetzgebung zu erfahren. „Wir arbeiten eng mit der Branche zusammen. Der von uns ins Leben gerufenen Allianz für die Kunststoff­ kreislaufwirtschaft gehören Vertreter aus der gesamten Wertschöpfungskette an. Ihre Aufgabe ist es, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie die Wiedergewinnung, das Recycling und die Wiederverwendung von Kunststoffen in Europa verbessert werden können“, erklärt Katainen. Katainen, dessen Ressort Beschäftigung, Wachstum, Investitionen undWettbewerbsfähigkeit umfasst, merkt an, dass Kunststoff ein vielschichtiges Material ist. Ver­ packungen tragen beispielsweise dazu bei, Lebensmittel­ abfälle zu reduzieren. Gleichzeitig ist aber klar, dass der derzeitige Verbrauch von Kunststoff aus ökologischer und wirtschaftlicher Sicht unhaltbar ist. „Mithilfe eines europäischen Standards möchten wir das Recycling und die Qualität von recyceltemKunst­ stoff verbessern und gleichzeitig sicherstellen, dass neue Kunststoffe keine gesundheitsschädigenden Substanzen

enthalten, wenn sie für Dinge wie Lebensmittelver- packungen verwendet werden.“ Die Kunststoffstrategie der EU ist eine der Initiativen der Kommission zur Förderung der Kreislaufwirtschaft. Laut Katainen entspringt die Logik einer funktionellen Kreislaufwirtschaft der Marktwirtschaft. Die Kreislauf­ wirtschaft kann nur dann Erfolg haben undWachstum schaffen, wenn sie in der gesamtenWertschöpfungskette zu wirtschaftlichen Gewinnen führt. „Durch wirtschaftliche Anreize und neue Gesetze möchten wir Unternehmen dazu ermutigen, ihre linea­ ren Geschäftsmodelle in eine Kreislaufwirtschaft umzu­ wandeln. Derzeit wird weniger als ein Drittel aller Kunst­ stoffe zwecks Recycling gesammelt. Ich glaube jedoch, dass sich der Markt in naher Zukunft drastisch verändern wird“, so Katainen. „Das Ziel der Kommission ist es, die Kapazität für das Kunststoff-Recycling bis zum Jahr 2030 zu vervierfachen. Ab diesem Zeitpunkt werden alle Kunststoffverpackungen, die auf den EU-Markt gelangen, recyclingfähig oder wiederverwendbar sein“, fügt er hinzu. Bisher hat das EU-Forschungsprogramm „Horizont 2020“ mehr als 250Millionen Euro für Forschung und Entwicklung auf die verschiedenen Segmente der Kunst­ stoffstrategie verteilt. Bis Ende 2020 werden weitere 100Millionen Euro zur Verfügung stehen.

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der EU anhand von zehn Indikatoren. Die Überwachung basiert auf Daten von Eurostat. Die Mitgliedsländer haben auch eigene Indikatoren. Die Datenerfassung ist wichtig, weil sie es uns ermöglicht, die Durch­ setzung von Gesetzen zu überwa­ chen und festzustellen, ob gesetzliche Nachbesserungen notwendig sind.“ Katainen weist darauf hin, dass viele Bereiche des Regelwerks neu und noch nicht in Kraft sind. Die EU hat Gesetze verabschiedet, die besagen, dass bis zum Jahr 2035 nicht mehr als 10 Prozent des Hausmülls auf Mülldeponien landen dürfen. „Die endgültigen Auswirkungen der Gesetze bleiben abzuwarten. Wenn Mitgliedsländer die Gesetze einhalten müssen, wird sich dies imMarkt deut­ lich bemerkbar machen. Damit die Implementierung auf nationaler Ebene effizient erfolgen kann, benötigen wir zumindest einen europaweitenMarkt für recycelte Kunststoffe.“ Zunehmende Integration Die EU beabsichtigt ferner, einen internationalenMarkt für Produkte der Kreislaufwirtschaft zu schaffen. Dies ist eines der zentralen Themen bei Handelsgesprächen mit Ländern wie China und Japan. China führte im Jahr 2017 erheb­ liche Beschränkungen für den Import von recyclingfähigen Rohstoffen ein.

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„Das Ziel der Kommission ist es, die Kapazität für das Kunststoff-Recycling bis zum Jahr 2030 zu vervierfachen. Ab diesem Zeitpunkt werden alle Kunststoffverpackungen, die auf den EU-Markt gelangen, recyclingfähig oder wiederverwendbar sein“

Produkten bessert sich auch mithilfe von Ökodesign. Die neuen Vorschläge der Kommission setzen beispielsweise voraus, dass Hersteller von Haushalts­ geräten die Energieeffizienz und Wiederverwertbarkeit ihrer Produkte verbessern. „Für Geräte müssen Ersatzteile erhältlich sein, damit sie repariert wer­ den können. Die Standards werden auch für importierte Waren gelten. Bei der Energieeffizienz ist diese Art von Gesetzgebung beispielsweise sehr gut aufgenommen worden“, fügt Katainen hinzu. Bessere Überwachung Die praktische Seite der Kreislauf­ wirtschaft ist in verschiedenen EU-Ländern unterschiedlich stark ausgeprägt. „In Finnland beispiels­ weise leisten wir gute Arbeit beim Recycling von Flaschen und Dosen, aber beimKunststoffabfall haben wir noch Defizite.Wir überwachen die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft in

Wachstum für die Bioökonomie Auch die Forstindustrie kann einen wichtigen Beitrag zur Kreislaufwirt­ schaft leisten. „Wir möchten die Bio­ ökonomie noch tiefer in der Kreislauf­ wirtschaft verankern. Wir können fossile Rohstoffe durch Rohstoffe aus Biomasse ersetzen und hierdurch auch die Klimaziele der EU unterstützen“, so Katainen. Rohstoffe auf biologischer Basis sind beispielsweise eine gute Alternative für ölbasierte Kunststoffe. „Es gibt zwar viele biologisch abbau­ bare Kunststoffe auf demMarkt, aber erstens zerfallen sie nicht in einer natürlichen Umgebung und zweitens verursachen sie erhebliche Mengen an Mikroplastikabfall. Dadurch sind sie genauso schädlich wie andere Kunst­ stoffe. Wir möchten neue Verord­ nungen ausarbeiten, damit Hersteller wissen, welche Arten von Kunststoffen in Zukunft auf denMarkt gebracht werden dürfen“, sagt er. Die Wiederverwertbarkeit von

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Die Nachfrage nach nachwachsenden und recyclingfähigen Rohstoffen wird steigen, während Alternativen für fossile Rohstoffe erkundet und Ressourcen effizienter genutzt werden. UPM entwickelt derzeit neue, innovative und hochwertige Produkte aus Biomasse auf Holzbasis sowie Materialien, die erneuerbar und recyclingfähig sind und die Umwelt so wenig wie möglich belasten. UPMBiochemicals arbeitet derzeit an Biochemikalien auf Holz­ basis, für derenMarkt in den kommenden Jahren ein deutliches Wachstum erwartet wird. Biochemikalien werden jene Chemikalien, die primär aus fossilen Rohstoffen hergestellt werden, durch erneuer­ bare Alternativen ersetzen. Die betroffenen Produktsegmente sind Glykole und Ligninprodukte. Die Entwicklung befindet sich in der vorkommerziellen Phase: UPM entwickelt und testet derzeit aktiv Technologien auf der Suche nach Konzepten, die auf industrieller Ebene produziert werden können. UPMprüft zudem, ob es möglich wäre, eine Bioraffinerie in Deutschland zu bauen. Die vorgeschlagene industrielle Bioraffinerie würde 150.000 Tonnen Bio-Monoethylenglykol (bMEG), Bio- Monopropylen-Glykol (bMPG) und Lignin aus Laubholz produzie­ ren. Die potenziellen Anwendungsbereiche umfassen Textilien, Flaschen, Verpackungen, Frost­ schutzmittel, Verbundwerkstoffstoffe und Harze.  FORTSCHRITTE BEI BIO- CHEMIKALIEN VON UPM

Daraufhin brach der Weltmarkt für recyclingfähige Materialien zusammen. Europa exportierte beispielsweise im vergangenen Jahr nur 5,1 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle nach China – etwa die Hälfte der Exporte imVorjahr. Katainen kann die Entscheidung Chinas nachvollziehen, weil das Land mit einem großen Abfallproblem konfrontiert ist. Die Reduzierung der Exporte hat das Kunststoffproblem Europas verschlimmert, aber gleich­ zeitig fördert sie das Recycling und die Wiederverwendung von Kunststoffen in Europa. Gleichzeitig hofft er, dass Kunststoffabfälle nicht in andere asiatische Länder exportiert werden, in denen die Umweltstandards lockerer sind. Die Verschmutzung der Ozeane hat bei Kunststoff zumUmdenken geführt. Katainen weist darauf hin, dass der Großteil des Mülls in den Ozeanen Kunststoff ist, und das gilt auch für Abfälle aus der EU: „Die Meeresverschmutzung führt zu ernsthaften Umweltproblemen, und Mikroplastik gefährdet auch die menschliche Gesundheit. Bürger und Politiker sind ausdrücklich für gesetz­ liche Änderungen, daher müssen wir die Gunst der Stunde nutzen.“ Nach Katainen ist die Gesetzgebung zur Kreislaufwirtschaft ein gutes Beispiel für die zunehmende Integration in Europa. „Die Kreislaufwirtschaft ist außer­ dem ein wichtiger Bestandteil der Klimapolitik. Wenn die Gesetzgebung erfolgreich umgesetzt wird, wird auch die EU besser denn je funktionie­ ren. Die Ablösung fossiler Rohstoffe durch neue Materialien muss nicht zwangsläufig zu höheren Kosten und einer geringeren Lebensqualität füh­ ren. Die Kreislaufwirtschaft kann auch als solide Grundlage für Wirtschafts­ wachstum dienen.“

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TEXT Saara Töyssy   FOTOS Janne Lehtinen; Mit freundlicher Genehmigung des Interviewpartners

Erneuerbare Kunststoffe auf Biobasis bieten den Komfort herkömmlicher Kunststoffe mit einer deutlich geringeren CO 2 -Bilanz.

ERNEUERBARE KUNSTSTOFFE – eine zukunftsweisende Lösung

D ie Verwendung von Kunststoff wird sich in den nächsten 20 Jahren voraussichtlich verdop­ peln. Diese Zunahme wird insbesondere auf das Wachstum der Bevölkerung und höhere Lebensstandards in China, Indien und Afrika zurückzuführen sein. In den entwickelten Märkten hat sich der jährliche Pro-Kopf- Verbrauch von Kunststoffen inzwischen bei ungefähr 80 kg eingependelt. Etwa ein Viertel dieses Volumens entfällt auf die Verpackung. In wachstumsstarken Entwicklungs­ ländern liegt der Gesamtwert gegenwärtig bei 10 bis 20 kg. Der erste Schritt zur Lösung des globalen Problems der Kunst­ stoffabfälle ist der Aufbau einer geeigneten Recycling-Infrastruktur, so Vesa Kärhä , CEO des finnischen Verbands der Kunststoff­ industrie. Darüber hinaus besteht beimAbfallmanagement, bei der Grundeinstellung sowie bei der sorgfältigen Umsetzung bestehender Gesetze noch viel Handlungsbedarf. Trotz fehlender effizienter Recycling-Systeme ist Kunststoff weiterhin erforderlich. Er unterstützt das rasante Wachstum städtischer Bevölkerungen unter anderem in Form von Lebens­ mittelverpackungen und bei der medizinischen Versorgung. Die unnötige Verwendung von Kunststoff sollte drastisch reduziert

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beimWachsen absorbiert haben, anstatt unterirdisch als Öl eingeschlossenen Kohlenstoff freizusetzen. Der Kohlenstoff in erneuerbarem Kunststoff kann außerdem zu neuem Kunststoff recycelt oder bei der Produktion erneuerbarer Energien eingesetzt werden. Erneuerbarer Kunststoff kann das Abfallproblem nur lösen, wenn auch effiziente Recycling- Systeme eingeführt werden. Er trägt jedoch maßgeblich dazu bei, das Kernproblem zu bewältigen, weil fossile Rohstoffe ersetzt werden und damit der Ausstoß von Treibhausgasen sinkt. „Wir produzieren bereits erneu­ erbares UPMBioVerno Naphtha und arbeiten dazu an neuen, vollständig auf Fasern basierenden Lösungen, die Kunststoff ersetzen können. Alle neuen,

nachhaltigen Alternativen sind bei der Lösung dieses globalen Problems willkommen“, sagt Maiju Helin , Head of Sustainability and Market Development bei UPMBiofuels. UPMBioVerno Naphtha kann als Rohstoff zur Herstellung von Kunst­ stoff auf Biobasis verwendet werden – allein oder als vollwertige Lösung in Verbindung mit anderen Rohstoffen. Immer mehr Kunststoffe werden aus Bioabfällen aus der Lebensmittel- industrie und der Zuckerrohrproduk­ tion erzeugt. Erneuerbare und biologisch abbaubare Kunststoffe machten im Jahr jedoch 2018 nur 1 % des weltweiten Kunststoffmarkts aus. Es mag einige Leser überraschen, aber auch ölbasierter Kunststoff kann biologisch abbaubar sein. „Die bio­ logische Abbaubarkeit ist in Anwen­ dungsbereichen wie Landwirtschaft und Gesundheitstechnik großartig, löst aber nicht das Müllproblem“, stellt Kärhä klar.

werden. Auch Recycling-Lösungen erfordern dringend Aufmerksamkeit. Zusätzlich muss Kunststoff aber auch nachhaltiger hergestellt wer­ den. Eine Lösung ist UPMBioVerno Naphtha – ein erneuerbarer Kunststoff- Rohstoff, erzeugt aus den Herstellungs­ rückständen von Zellstoff. Innovation auf Pflanzenbasis Erneuerbarer Kunststoff wird nicht aus fossilen Rohstoffen hergestellt, sondern aus Pflanzen oder anderen biologischenMaterialien. Wenn er zerfällt, wird der Atmosphäre weniger Kohlenstoff zugeführt, weil er lediglich Kohlenstoff zurückführt, den Pflanzen

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WUSSTEN SIE SCHON?

In Finnland werden jährlich ca. 50.000 Tonnen Kunststoff recycelt. Die Hälfte dieses Betrags besteht aus Verpackungen und pfandpflichtigen PET-Flaschen. Die Gesamtrecyclingquote beträgt 16 bis 20 %.

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2016 wurde zum ersten Mal mehr Kunststoff recycelt als auf Mülldeponien entsorgt. Im Jahr 2017 wurden 42 % der Kunststoffe zwecks Energiegewinnung verbrannt, 31 % wurden recycelt und 27 % landeten auf Mülldeponien.

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Kärhä lobt Kunststoffe auf Pflanzen­ basis als gute Lösung. Sie können nahtlos in vorhandene Prozesse integriert wer­ den: Ihrer Implementierung steht relativ wenig imWeg. „BioVerno und ähnliche Rohstoffe för­ dern die verantwortungsvolle Verwen­ dung von Kunststoffen auf intelligente Weise. Diese Lösungen produzieren „nor­ malen“ Kunststoff, Polyethylen auf bio­ logischer Basis, das keine Änderungen an bestehenden Verpackungslösungen oder Lebensmittelgesetzen erfordert. Es han­ delt sich um genau denselben Rohstoff, nur wird er ohne Erdgas oder Erdöl her­ gestellt. Dies ist ein wichtiger Meilenstein auf demWeg zu einer verantwortungs­ vollen Kunststoffherstellung“, so Kärhä. Leben ohne Verpackung? Einwegprodukte aus Kunststoff spielen bei der Haltbarmachung von Produkten eine wichtige Rolle. Schlecht konzipierte Verpackungen und Lebensmittelabfälle verursachen erhebliche CO 2 -Emissionen. Die Weltbevölkerung wird bis 2050 auf etwa 10Milliarden ansteigen. Die Ressourceneffizienz bei der Lebens­ mittelproduktion und -verpackung ist daher von großer Bedeutung. „Es ist wichtig, dass alle Lebensmittel, die wir herstellen, auch verzehrt werden. Leider werden Lebensmittel nicht in großen Bevölkerungszentren hergestellt. Sie müssen vielmehr dorthin gebracht werden, wo die Menschen leben – in großen Städten. Deshalb brauchen wir Verpackungen“, erklärt Hanna Koivula , Dozent für Verpackungstechnologie an der Universität Helsinki. „Die Verpackung bewahrt die Nähr­ stoffe und stellt sicher, dass das Produkt amBestimmungsort frisch ankommt. Der Prozess muss möglichst effizient sein und künftige Herausforderungen berücksich­ tigen, fügt Koivula hinzu. Die Popularität von Kunststoff ist auf- grund seiner Eigenschaften ungebrochen. Er ist haltbar, kostengünstig und kann

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WAS IST KUNSTSTOFF?

BIOBASIERTER KUNSTSTOFF Der Rohstoff für die Herstellung von biobasiertem Kunststoff ist erneuerbare Biomasse wie Zuckerrohr, Mais, Zellulose oder erneuerbare Abfälle aus der Lebensmittelindustrie (konform mit der EN 16575). Biobasierter Kunststoff ist nicht immer biolo­ gisch abbaubar. Biomasse kann zur Herstellung verschiedener Kunststoffe verwendet werden, z. B. Polyethylen, Polypropylen und Polyactid. BIOLOGISCH ABBAUBARER KUNSTSTOFF Biologisch abbaubarer Kunststoff zerfällt unter bestimmten Bedingungen. Beim biologischen Abbau wird die Struktur durch Mikroorganismen zersetzt und in Stoffwechselprodukte wie Stick­ stoffverbindungen, Kohlendioxid und Wasser zerlegt. Biologisch abbaubarer Kunststoff kann auf biologischer oder fossiler Basis sein. Nicht alle Kunststoffe auf Biobasis sind biologisch abbaubar. Die Wirksamkeit der biologischen Zersetzung hängt von der Struktur des Kunststoffs und den Umgebungsbedingungen ab. Biologisch abbaubare Kunststoffe sind nicht recycelbar. KOMPOSTIERBARER KUNSTSTOFF Kompostierbarer Kunststoff ist abbaubar und biologisch abbaubar. Kompostierung ist die Zersetzung von Abfall, wobei in erster Linie Kohlendioxid, Wasser und Humus entstehen. Der Prozess wird in der Regel in einer industriellen Kompostierungs­ anlage beschleunigt. Es gibt keine einheitliche Definition für die Umgebung oder die Dauer des biologischen Abbauprozesses, doch gibt EN 13432 Standards für die Kennzeichnung von Kunststoffen als „kompostierbar“ vor.

MASSENBILANZBERECHNUNG Die Massenbilanz ist eine Methode zur Angabe der Menge der Materialien (oder Masse), die einem Produktionssystem zugeführt werden und es verlassen. Die Berechnungsmethode vergleicht die erneuerbaren Rohstoffe auf Biobasis, die in die Produktion einge­ speist werden, mit den nachwachsenden Rohstoffen im Endprodukt. RECYCELTER KUNSTSTOFF Immer mehr Kunststoff wird zwecks Recycling gesammelt. Fast alle Produktverpackungen, Behälter und Beutel aus Kunststoff sind recyclingfähig. Kunststoff kann mechanisch oder chemisch recycelt werden. Das chemische Recycling ist ein noch recht neuer Bereich. Bei dieser Technologie wird Kunststoff in seine Ausgangs­ materialien oder andere Grundchemikalien zerlegt, die in der Kunststoffproduktion oder anderen petrochemischen Produkten verwendet werden können. MIKROPLASTIK Mikrokunststoffe sind Kunststoffteilchen mit einem Durchmesser von weniger als fünf Millimetern. Auch winzige Gummifragmente werden häufig als Mikroplastik bezeichnet. Mikroplastik gelangt auf verschiedene Weise ins Wasser: wenn Produkte verschleißen, wenn sich Abfälle zersetzen oder wenn Textilien gewaschen werden. Mikroplastik wird auch zur Verbesserung bestimmter Produkt­ eigenschaften beigefügt. Diese Art der Nutzung wird derzeit überall eingeschränkt. Mikroplastik und seine Auswirkungen sind Gegenstand zahlreicher Forschungsprojekte.

in jede Form gebracht werden. Obwohl immer mehr auf Fasern basierende Alternativen entwickelt werden, kön­ nen sie noch nicht mit der Leistung herkömmlicher Kunststoffe mithalten.

Holzbasis an Dow, wo es zu Kunst­ stoffgranulat veredelt wird. Das norwegische Unternehmen Elopak, das Verpackungen für Arla herstellt, verwendet dieses Granulat anstelle fossiler Rohstoffe. „Dies ist ein beeindruckendes, branchenübergreifendes Projekt: Jede Tonne Kunststoff, der aus UPM BioVerno Naphtha hergestellt wird, ersetzt eine Tonne Kunststoff, der aus fossilen, nicht erneuerbaren Rohstoffen hergestellt wird“, erklärt Helin. Das Naphtha wird aus Rohtallöl hergestellt, das als Nebenprodukt bei der Zellstoffherstellung anfällt. In der ersten Phase wird es fossile Kunststoff-

Rohstoffe ersetzen, derenWert – ausgehend von der Massenbilanz – der Kunststoffbeschichtung von 40Millionen Kartons entspricht. Der in denMolkereikartons von Arla verwendete Kunststoff auf Holzbasis reduziert den Bedarf an fossilen Kunststoffen um circa 180.000 kg pro Jahr, was ungefähr 700.000 Kunststoffeimern entspricht. Gleichzeitig wird die CO 2 -Bilanz der Verpackung um ein Fünftel verringert. „Die für flüssige Produkte wie Milch verwendeten Kartons benöti­ gen eine Kunststoffschicht, um die Produktsicherheit und -haltbarkeit

Milchkartons direkt aus demWald

Das beste Endergebnis wird oft durch fachübergreifende Zusammenarbeit erreicht. ImFebruar startete UPM Biofuels ein gemeinsames Projekt mit demMolkereiunternehmen Arla, dem Verpackungsunternehmen Elopak und demChemieproduzenten Dow. ImRahmen des Projekts liefert UPM sein UPMBioVerno Naphtha auf

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TEXT Saara Töyssy   FOTOS UPM

Circa 32 % aller Kunststoffe werden nach einmaligemGebrauch in denMüll gegeben, wie aus dem 2016 veröffentlichten Bericht von New Plastics Economy hervorgeht. Das EU-weite Verbot von Einwegkunststoffen tritt 2021 in Kraft. Auch für Hersteller anderer Kunststoffproduktkategorien werden striktere Regeln eingeführt. „Das viel gepriesene neue Gesetz zu Einwegprodukten aus Kunststoff wird das riesige Recycling-Problem nicht lösen. Kunststoffe sind bereits eine stark regulierte Produktgruppe. Sie müssen mit REACH-konformen Chemikalien hergestellt werden, und es gibt enorm viel Gesetze rund umRecycling. Wenn die EU-Verpackungsrichtlinien in allen europäischen Ländern voll­ ständig umgesetzt würden, wäre es nicht nötig, überhaupt Plastik auf Mülldeponien zu entsorgen“, so Vesa Kärhä , CEO des finni­ schen Verbands der Kunststoffindustrie. Finnland hinkt bei der Sammlung und demRecycling von Kunststoffen aus Privathaushalten zwar noch etwas hinterher, schließt aber allmählich zu den europäischen Klassenbesten – der Schweiz und Schweden – auf. „Wenn man sich die europäischen Vorbilder imRecycling ansieht, fällt auf, dass sie schon seit Langem ein lückenloses Deponieverbot beachten: Sie haben eine billige Deponielösung völlig verboten. Dies wird auch von der europäischen Kunststoff­ industrie befürwortet. Natürlich muss die Umsetzung derart gestaltet sein, dass die Betreiber genügend Zeit haben, eine Lösung zu finden. Recycling- und Energieanlagen müssen verfüg­ bar sein“, merkt Kärhä an. Die Geschichte der Wiederverwendung von Kunststoff begann Kunststoff­ recycling – bewegen wir uns in die richtige Richtung?

„WIR WOLLTEN EINE Lösung anbieten, die ausschließlich aus dem Wald stammt und bei der sowohl für den Karton als auch die für Kunststoffbeschichtung Rohstoffe auf Holzbasis verwendet werden“, erklärt Juha Oksanen von Elopak Finland.

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zu gewährleisten. Wir wollten eine Lösung anbieten, die ausschließlich aus demWald stammt und bei der sowohl für den Karton als auch die für Kunst­ stoffbeschichtung Rohstoffe auf Holzbasis verwendet werden. Die neue Verpackung kann wie gewohnt zusammen mit Pappe recycelt werden, so Juha Oksanen , Managing Director bei Elopak Finnland. Die gesamte Rohstoffkette von UPM BioVerno ist zertifiziert, und ihre CO 2 - Bilanz wurde überprüft. „Das Holz stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern, der Betrieb der Bioindustrie ist zertifiziert, und die Klimavorteile wurden von Elopak in Übereinstimmung mit dem ISCC-Standard verifiziert“, führt Helin aus. „Der Rohstoff ist ein Reststoff der Forstindustrie und wird aus Wäldern in der Nähe bezogen. Durch die Umstellung auf erneuerbaren Kunststoff wird die CO 2 -Bilanz der Verpackung um circa 20 % reduziert“, fasst Oksanen zusammen. Die weltweit erstenMilchkartons, die mit erneuerbaremKunststoff auf Holzbasis beschichtet sind, sind seit Februar in finnischen Läden erhältlich. 

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1980, als sie zum erstenMal in der Energieerzeugung einge­ setzt wurde. In den 1990er Jahren begannen Privathaushalte, Kunststoff zu recyceln. Seitdem hat sich die globale Recycling­ rate um jährlich 0,7 % erhöht. Wenn die aktuelle Entwicklung anhält, werden bis 2050 circa 50 % des Kunststoffs als Energie genutzt und 44 % recycelt. Nur 6 %werden Abfall sein. Aus demBericht Plastics – the Facts 2018 geht hervor, dass 2016 zum erstenMal mehr Kunststoff recycelt als auf Müll- deponien entsorgt wurde. Im Jahr 2017 wurden 42 % der Kunst­ stoffe zwecks Energiegewinnung verbrannt, 31 % wurden

recycelt und 27 % landeten auf Mülldeponien. Eine schwierige Herausforderung für das Recycling ist die Globalisierung des Handels. „Produkte werden von einemKontinent zu einem anderen transportiert. In Finnland und Schweden gibt es Recycling- Leitlinien für Verpackungsdesigner undWertschöpfungsketten. Das Produkt und das Material werden womöglich den Recycling- Leitlinien gemäß hergestellt. Wie aber die Betreiber in den verschiedenen Exportländern verfahren, ist weitgehend unklar. Es gibt jedoch Anzeichen für Fortschritte“, erklärt Kärhä.

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Die Auswirkungen des Klimawandels sind auf der ganzen Welt erschreckend deutlich. Laut WMO-Generalsekretär Petteri Taalas kann die globale Erwärmung nur durch eine Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen gestoppt werden.

KÖNNEN WIR DEN KLIMA- WANDEL AUFHALTEN?

TEXT Vesa Puoskari   FOTOS UPM; Malachy Harty

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D Der durch den Ausstoß der Treibhausgase Kohlendioxid und Methan verursachte Klimawandel schreitet uner­ bittlich voran. Die durchschnittli­ che Lufttemperatur ist um ein Grad und die Temperatur in der Arktis um mehr als zwei Grad gestiegen. Das Wasser in den Ozeanen hat sich um etwa einen halben Grad erwärmt“, so Petteri Taalas, Generalsekretär der Weltorganisation für Meteorologie (WMO). Ein höherer Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre wird durch die Verwendung fossiler Brennstoffe – Kohle, Öl und Erdgas – sowie durch Landnutzungsänderungen verur­ sacht. Fossile Brennstoffe machen derzeit ca. 85 % der Energieerzeugung aus. Die übrigen 15 % entfallen auf Atomkraft, Wasserkraft und erneuer­ bare Energiequellen. „Die größte Überraschung war

der deutlich höhere Einsatz fossi­ ler Brennstoffe. Immer wieder muss­ ten wir die schlechtesten Prognosen aktualisieren. In den letzten beiden Jahren sind die Emissionen um fast 2 % pro Jahr angestiegen. Wir bewe­ gen uns also nicht in die richtige Richtung.“ Die globale Erwärmung bewirkt eine Zunahme extremer Wetter­ ereignisse. Im letzten Jahrzehnt wurde etwa die Hälfte der Erd­ bevölkerung von Naturkatastrophen wie heftigen Unwettern, Dürren, Hitzewellen und schweren Über­ schwemmungen heimgesucht. Die klimabedingten wirtschaftlichen Verluste haben sich in 30 Jahren verdreifacht, und das Problemwird sich in den nächsten 50 Jahren weiter verschlimmern. Schritt 1: Emissionen senken Die wichtigste Methode zur Eindämmung des Klimawandels ist die Reduzierung von Energie- und Verkehrsemissionen. Erneuerbare Energiequellen haben sich inzwischen

zu einer attraktiven Investition entwi­ ckelt. In China, den USA und Europa verzeichnen Solar- undWindenergie ein rasantes Wachstum. ImVerkehr enthalten Elektroautos und Biokraftstoffe den Keim einer Lösung. „Der Genfer Flughafen wollte mit der Betankung von Flugzeugen mit Biokraftstoffen beginnen, aber imMoment sind erneuerbare Kraftstoffe noch viel teurer als fossile Brennstoffe“, sagt Taalas. Neben Kohlendioxid ist Methan eine bedeutende Quelle für den Ausstoß von Treibhausgasen. Methan entsteht bei der Rinderzucht und beimReisanbau sowie bei der durch die Zerstörung von Regenwäldern verursachten Vermoorung. „Der Beitrag der Methanemissionen zur globalen Erwärmung beläuft sich auf circa 17 %. Weil Methan aber nur 12 Jahre in der Atmosphäre verbleibt, ist die­ ses Problem leichter zu lösen. Die Wirkung von Kohlendioxid hält Jahrtausende an.“

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“Dürren, Niederschläge und steigende Meeresspiegel werden die Landwirtschaft so stark verändern, dass es schwierig wird, die wachsende Erdbevölkerung zu ernähren“, schätzt Taalas.

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die massiven Emissionen zu kompen­ sieren, die weltweit durch fossile Energie verursacht werden. „Wenn wir uns das Thema Holz­ ernte ansehen, müssen wir überlegen, was für Wirtschaft und Beschäftigung sinnvoll ist. Die industriellen Herstel­ lungsverfahren Finnlands sind umwelt- und klimafreundlich. Wenn wir Zellstoff, Papier und Karton nicht in der EU herstellen, werden sie andernorts hergestellt – und nicht unbedingt auf eine so nachhaltige Weise“. Schmelzende Gletscher Taalas kann das weltweit drohende Abschmelzen der Gletscher quasi von seinem eigenen Büro aus ver­ folgen. „Ein Großteil der weltweit erzeugtenWärme wird von den Ozeanen absorbiert. Im Zuge der globalen Erwärmung sind etwa 75 % der arktischen Eismasse geschmol­ zen. Dies hat zu einemAnstieg der Meeresspiegel geführt, des­ sen Ausmaß sich immer deutlicher berechnen lässt“, sagt er ernst. „Wir hatten bisher einen Anstieg

zwischen einem halben und einem Meter vorhergesagt. Laut aktuel­ lemWorst-Case-Szenario ist aber ein Anstieg von bis zu zwei Metern im nächsten Jahrhundert zu erwar­ ten. Der Dreh- und Angelpunkt ist die Schmelzrate der Antarktis und Grönlands. Die Schmelzrate des Gletschers in Grönland hat sich im letzten Jahrzehnt verdreifacht.“ Die steigendenMeeresspiegel können in großen Küstenstädten zu Überschwemmungen führen, die die städtische Infrastruktur gefähr­ den. Die meisten dieser Gebiete befinden sich in Asien, aber auch London, San Francisco, New York und Buenos Aires könnten in Zukunft betroffen sein. Infolge der anhaltenden Erwärmung werden auch die euro­ päischen Gebirgsgletscher immer kleiner. Im vergangenen Sommer musste der Schiffsverkehr auf demRhein, Europas wichtigster Flussroute, zwei Monate lang einge­ stellt werden, weil der Wasserpegel monatelang auf einemRekordtief verharrte.

Nadelwälder als CO 2 -Senken Taalas ist besorgt über die Zukunft tropischer Regenwälder. „Regen­ wälder speichern erhebliche Kohlenstoffmengen. Die Verhinderung der Regenwald-Abholzung in Süd­ amerika, Afrika und Asien ist eines der Hauptthemen bei den Klima­ verhandlungen.“ Er weist darauf hin, dass die nörd­ liche Nadelwaldregion eine höhere Regenerationskraft als Regenwälder hat. Die globale Erwärmung und höhere Niederschlagsmengen haben das Wachstum von Nadelwäldern gefördert, und die Waldgrenze nähert sich langsam den nördlichen Fjells. Die nördlichenWälder binden somit mehr Kohlenstoff als je zuvor. Wälder als CO 2 -Senken spielen eine wichtige Rolle, weil sie die EU bei der Erreichung ihrer kurzfris­ tigen Emissionsreduzierungsziele unterstützen. Mithilfe von CO 2 - Senken kann der Verzicht auf fos­ sile Brennstoffe zwar aufgeschoben werden, aber Taalas betont, dass dies keine langfristige Lösung darstellt. CO 2 -Senken reichen nicht aus, um

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Der Rhein ist nicht nur vom Regen abhängig, sondern auch vom Schmelzwasser der alpinen Gletscher. Die Wassermenge imFluss nimmt auf­ grund der globalen Erwärmung kon­ tinuierlich ab, was künftig noch grö­ ßere Herausforderungen für den Schiffsverkehr bedeutet. Von Trockenperioden gelähmt Die Gletscher des Himalaya-Gebirges speisen viele große Flüsse in Asien mit frischemWasser. Weil die Gletscher kleiner werden, fließt weniger Wasser in diese Flüsse, und dies wird für die Landwirtschaft, die Bevölkerung und denWohlstand langfristig zu großen Problemen führen. Bisher gehören Veränderungen bei Niederschlägen zu den wichtigs­ ten Faktoren für die Ermittlung der Gesamtauswirkungen des Klimawandels. „Wenn wir die aktuelle Emissions­ höhe beibehalten, wird die Durch­ schnittstemperatur bis Ende des Jahrhunderts etwa 3 bis 5 °C über der Durchschnittstemperatur des 19. Jahrhunderts liegen und dann im nächsten Jahrhundert noch ein­ mal um bis zu 4 °C ansteigen. Dürren, Niederschläge und steigende Meeres­ spiegel werden die Landwirtschaft so stark verändern, dass es schwierig wird, die wachsende Erdbevölkerung zu ernähren“, schätzt Taalas. In Afrika breiten sich die dürrege­ plagten Gebiete weiter nach Süden und Norden aus, aber auch viele andere wich­ tige landwirtschaftliche Gebiete leiden. „Ende des Jahrhunderts könnten in Afrika bis zu vier MilliardenMenschen leben. Die Landwirtschaft ist ein wich­ tiger Arbeitgeber und das Fundament vieler Volkswirtschaften. Wenn sich die Klimabedingungen radikal verschlech­ tern, könnte dies zu Krisen und großen Flüchtlingsströmen führen.“

Gipfel für Veränderungen Nach Taalas haben wir bis 2070 Zeit, fossile Energie aufzugeben, wenn wir das 2-Grad-Ziel des Pariser Klima­ vertrags anstreben. Möchten wir das vom IPCC angegebene 1,5-Grad- Ziel einhalten, müssen wir den Emissionsanstieg in den nächs­ ten fünf Jahren umkehren und die Nutzung fossiler Brennstoffe bis 2050 vollständig beenden. In der Vergangenheit waren Industrieländer die größten Treib­ hausgaserzeuger, in den letzten 20 Jahren hat Asien die Führung über­ nommen. Auch Länder außerhalb der OECD haben in den letzten Jahren ihre Emissionen rapide erhöht. „Selbst wenn die US-Regierung aus demVertrag aussteigen sollte, haben viele amerikanische Unterneh­ men, Städte und Bundesstaaten ehr­ geizige Ziele und Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels.“ Obwohl die Solar- undWind­ energie nach einemBericht der Internationalen Energieagentur um zweistellige Zahlen wächst, reicht dies nicht, ummit demwachsen­ den Stromverbrauch Schritt zu hal­ ten. Das Defizit wird hauptsächlich mit fossilen Brennstoffen ausgegli­ chen. Dieser alarmierende Trend gibt weltweit Anlass zur Sorge. António Guterres , Generalsekretär der UN, richtet imHerbst einen UN-Gipfel zumKlimawandel aus, und Taalas ist für die wissenschaftliche Seite zuständig. „Wir möchten, dass die Mitglieds­ länder über neue Maßnahmen dis­ kutieren, mit denen wir schneller zu einer emissionsarmenWelt gelangen. Der Wandel stellt auch eine Geschäfts­ chance dar, von der die Vorreiter am meisten profitieren können.“

“Die industriellen Herstellungsverfahren Finnlands sind umwelt- und klimafreundlich. Zellstoff, Papier und Karton werden überall auf der Welt benötigt.” – Petteri Taalas

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TEXT Matti Remes   FOTOS UPM; Mit freundlicher Genehmigung des Interviewpartners

DIE WELT MODERNE BIOENERGIE BRAUCHT Warum

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2015

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TRANSPORTKRAFTSTOFFE – 2-GRAD-SZENARIO (2DS)

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Der Bioenergieverbrauch muss bis 2060 vervierfacht werden, um den Klimawandel zu mindern. Die Internationale Energieagentur IEA spricht sich daher für eine stärkere Nutzung hoch- moderner Biokraftstoffe im Transportwesen aus. A us dem imOktober veröffentlichten Bericht Renewables 2018 ergibt sich, dass die IEA eine Umstellung auf nachhaltige Biokraft­ stoffe stark befürwortet. Laut der IEA spie­ lenmoderne Bioenergien eine wichtige Rolle imKampf gegen die globale Erwärmung. „Durch die stärkere Nutzung moderner Bioenergie können wir auch die Energie­ sicherheit verbessern, die Energieerzeugung diversifizieren und die Luftverschmutzung reduzieren“, so Paolo Frankl , Leiter der Abteilung für erneuerbare Energien bei der IEA. Bei moderner Bioenergie wird Biomasse für moderne Heiz­ technologien, die Stromerzeugung und Kraftstoffe verwendet. Viele Entwicklungsländer stützen sich jedoch beimHeizen und Kochen nach wie vor auf herkömmliche Holzverbrennungs­ methoden. Frankl erklärt, dass moderne Bioenergie trotz des starkenWachstums der Wind- und Solarenergie die wichtigste Form der erneuerbaren Energie weltweit ist. Die Hälfte der 2017 verbrauchten erneuerbaren Energie war Bioenergie. „Es ist zwar wichtig, mehr Wind- und Solarenergie zu erzeu­ gen, aber dabei wird meist das enorme Potenzial der Bioenergie übersehen. Es wurde bisher zu wenig getan, um die Nutzung zu fördern.“ Emissionsfreie Zukunft Der neue IEA-Bericht baut auf der im vergangenen Jahr veröf­ fentlichten Technologie-Roadmap auf, die Vorschläge bis zum Jahr 2060 enthält. Auch die Roadmap betont die wachsende Bedeutung von nachhaltig produzierter Bioenergie und hoch­ modernen Biokraftstoffen für die Reduzierung von Emissionen. Laut IEA-Roadmap betrug der Anteil der modernen Bio­ energie amweltweiten Energieverbrauch im Jahr 2015 insgesamt 4,5 Prozent. Im Jahr 2060 dürfte dieser Wert bei fast 17 Prozent liegen. Das bedeutet, dass Bioenergie bis 2030 verdoppelt und >>

Wasserstoff

Elektrizität

Biokraftstoffe

Anderes Fossil Fossiler Kerosin

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Fossiler Diesel Fossiles Benzin

© OECD/IEA 2017 Technology Roadmap: Delivering Sustainable Bioenergy.

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MODERNE BIOENERGIE IM ENERGIE- ENDVERBRAUCH IM 2-GRAD-SZENARIO

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Ander Elektrizität

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Transport

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Industrie Moderne Biomasseheizung

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2060

Bioenergie im Endenergieverbrauch muss sich bis 2030 verdoppeln. Biokraftstoffe im Verkehr müssen sich verdreifachen. Fortschrittliche Biokraftstoffe werden eine massive Aufstockung benötigen.

© OECD/IEA 2017 Technology Roadmap: Delivering Sustainable Bioenergy.

„DER EINSATZ VON NACHHALTIG produzierter Bioenergie in Verbindung mit der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung ist für die langfristige Verwirklichung einer emissionsfreien Welt unverzichtbar“, so Paolo Frankl, Abteilungsleiter der IEA.

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bis 2060 vervierfacht werden muss. „Bioenergie ist im nachhaltigen Entwicklungsszenario der IEA enorm wichtig, weil sie für die kontinuierliche Ablösung fossiler Brennstoffe durch nachhaltige Energie unerlässlich ist“, betont Frankl. Die IEA berichtet, dass der Einsatz von Solar- undWindenergie bei der Stromerzeugung zwar weiter zunimmt, Bioenergie jedoch derzeit die ein­ zige multifunktionale Form erneu­ erbarer Energie ist, die neben Strom undWärme auch Kraftstoffe für das Transportwesen direkt erzeugen kann. Frankl merkt an, dass wir nicht nur Emissionen reduzieren, sondern auch aktiv große Mengen Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernen sollten. „Der Einsatz von nachhaltig pro­ duzierter Bioenergie in Verbindung mit der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung ist für die langfristige Verwirklichung einer emissionsfreien Welt unverzichtbar.“ Roadmap für ein umwelt­ freundlicheres Transportwesen Die IEA-Roadmap unterstreicht die wachsende Rolle, die Biokraftstoffe künftig spielen werden. Der Biokraft­ stoffverbrauch dürfte sich bis 2030 ver­

Der Anteil der modernen Bioenergie am weltweiten Energieverbrauch betrug im Jahr 2015 insgesamt 4,5 Prozent. Im Jahr 2060 dürfte dieser Wert bei fast 17 Prozent liegen. Das bedeutet, dass Bioenergie bis 2030 verdoppelt und bis 2060 vervierfacht werden muss.

dreifachen und bis 2060 verzehnfachen. Obwohl der Einsatz imTransport­ sektor stetig zunimmt, geht die IEA davon aus, dass im Jahr 2023 immer noch weniger als 4 % des Gesamtener­ gieverbrauchs imTransportsektor mit Biokraftstoffen gedeckt werden. Bio­ kraftstoffe sind jedoch die imTransport- wesen am häufigsten genutzte Form erneuerbarer Energie und haben gegen­ wärtig einen Anteil von etwa 90 %. Dieser Anteil dürfte trotz der wachsen­ den Anzahl von Elektroautos weiterhin groß bleiben. Nach Frankl ist Elektromobilität eine positive Sache, aber sie wird allein nicht ausreichen. Biokraftstoffe werden auch künftig die Dekarbonisierung des Transports ergänzen. Er fügt hinzu, dass die Bedeutung von Biokraftstoffen im

Laufe der nächsten Jahrzehnte zuneh­ men wird, insbesondere im Schwerlast-, See- und Flugverkehr. Außerdemwer­ den Biokraftstoffe für Hybridfahrzeuge und Verbrennungsmotoren benötigt. Einer der Vorteile von Biokraftstoffen ist, dass sie bereits heute in modernen Verbrennungsmotoren eingesetzt wer­ den können. Die IEA betont, dass hochmoderner Biokraftstoff in den kommenden Jahren eine immer größere Rolle spielen wird. Ein gutes Beispiel ist UPMBioVerno auf Holzbasis mit erwiesenermaßen hoher Nachhaltigkeit. Fakten statt Irrglaube Biokraftstoffe der ersten Generation werden aus Rohstoffen hergestellt, die mit der Nahrungsproduktion verbun­

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TEXT Matti Remes   FOTOS UPM

den sind, wie etwa Mais und Ölpflanzen. Aus der Perspektive der Nachhaltigkeit, so argumentiert Frankl, bieten hoch­ moderne Biokraftstoffe, die aus Abfall, Reststoffen und Seitenströmen der Forst- und Landwirtschaft hergestellt werden, den Vorteil, dass sie nicht mit Nahrungspflanzen konkurrieren und generell eine stärkere Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen ermöglichen. Die Steigerung der Biokraftstoff­ produktion setzt laut Frankl mehr Investitionen, technologische Fort­ schritte und die Kommerzialisierung von Innovationen voraus. Darüber hin­ aus fordert er effiziente Marktmecha­ nismen und die Beseitigung unnötiger Hindernisse für denMarktzugang. „Die nachhaltige Nutzung von Biokraftstoffen muss durch die richtige Art von Richtlinien und gesetzlichen Vorschriften gefördert werden.“ Die Förderung nachhaltiger Bio­ kraftstoffe für einen emissionsarmen Transport steht seit Langem auf der Tagesordnung der EU. Biokraftstoffe müssen darüber hinaus strenge Nach­ haltigkeitskriterien erfüllen, um nega­ tive Auswirkungen der Produktion auf die Umwelt zu vermeiden. Die IEA überprüft sorgfältig, wie sich Biokraftstoffe während ihres Lebenszyklus auf die Umwelt und andere Bereiche auswirken, um sicher­ zustellen, dass die Entwicklung in die richtige Richtung geht. „Wir sind sicher, dass nachhaltige Biokraftstoffe mit verschiedenen Technologien und Rohstoffen herge­ stellt werden können“, so Frankl. Leider scheint die Debatte über Biokraftstoffe insbesondere in Europa polarisiert zu sein. Überholte und fal­ sche Vorstellungen sind laut Frankl immer noch weit verbreitet. Ein häufi­ ger Irrtum ist, dass Biokraftstoffe nur aus nahrungsmittelbasierten Rohstoffen hergestellt werden können: „Es ist wichtig, bei den Fakten zu bleiben“, schließt Frankl. 

Der schnellste Weg zur Dekarbonisierung

Bei der Bekämpfung des Klimawandels ist die Reduzierung von Transportemissionen unerlässlich. Neue Technologien, emissi­ onsarme Motoren, die Elektrifizierung von Fahrzeugen und neue Antriebsarten sind erforderlich. Der Umstieg auf erneuerbaren Diesel ist eine der effektivsten Methoden zur Reduzierung von Emissionen. Dies liegt unter anderem daran, dass die vorhandene Infrastruktur und Ausrüstung genutzt und gleichzeitig Treibhausgase erheblich reduziert werden können. UPM erwägt, seine Geschäfte rund um erneuerbaren Diesel aus­ zubauen und untersucht zu diesem Zweck, ob in Finnland eine Bioraffinerie gebaut werden könnte, die größer als die gegenwärtige Anlage ist. Die geplante Raffinerie würde jährlich 500.000 Tonnen hochmodernen Biokraftstoff erzeugen, der sich für den Boden- und Lufttransport gleichermaßen eignet. Die Produkte der Bioraffinerie könnten auch anstelle von fossilen Rohstoffen in der chemischen Industrie verwendet werden. Nachhaltige, erneuerbare Rohstoffe und effiziente Prozesse würden bedeuten, dass die Produkte der Bioraffinerie eine deutlich geringere CO 2 -Bilanz als Brennstoffe und Produkte aus fossilen Rohstoffen aufweisen. In der Bioraffinerie würden mehrere wettbewerbsfähige und nachhaltige Rohstoffe eingesetzt, wie etwa Reststoffströme aus der Forstindustrie sowie andere Abfälle und Produktionsrückstände. UPMBiofuels hat ferner durch den Anbau der Ölpflanze Brassica Carinata in Uruguay ein neues nachhaltiges Rohstoffkonzept für Biokraftstoffe entwickelt. Die Vorbereitung einer wettbewerbsfähigen Bioraffinerie der nächsten Generation schreitet voran – der nächste Schritt betrifft Produktion, Produkte und Rohstoffe. 

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TEXT Saara Töyssy   FOTOS Andrés Bartet; Mit freundlicher Genehmigung der Interviewpartner

CARINATA: EIN KÖRNCHEN HOFFNUNG FÜR DAS KLIMA

B rassica carinata ist eine Pflanze, die für die Biokraftstoffbranche perfekt zu sein scheint. Die Körner der Carinata sind nicht für den mensch­ lichen Verzehr geeignet, enthalten aber Öl, das ein guter Rohstoff für Biokraftstoffe ist. Das nicht genetisch modifizierte Schrot liefert zudem hochwertiges Protein für Viehfutter. Die vielversprechende Pflanze ist auch für die Bauern in Uruguay von Vorteil, die sie imAuftrag von UPM als Winterfrucht anbauen. Zuverlässige Winterfrucht Es ist Mai in Uruguay. Auf den örtlichen Feldern wurde vor ein paar Wochen die Haupt­ frucht – in diesemFall Sojabohnen – geerntet und anschließend die neue Winterfrucht Carinata gesät. Weil die Carinata imWinter außerhalb der normalen Anbau­ saison wächst, kann sie auf den gleichen Feldern wie die im Sommer wachsenden Nahrungspflanzen gesät werden. Die brachliegenden Felder können ohne zusätzliche Vorbereitung erneut eingesät werden. In Uruguay werden Sojabohnenfelder in der Regel imWechsel mit Zwischenfrucht bepflanzt, um den Boden vor Erosion zu schützen. Felder müssen den örtlichen Bestimmungen gemäß das ganze Jahr über bebaut werden. ImWinter werden jedoch nur 30 % des Ackerlandes produktiv für winterharte Nutzpflanzen wie Weizen, Gerste und Raps genutzt. Auf demRest wächst Zwischenfrucht. „In Uruguay sind die Bauern verpflichtet, auch imWinter Ackerbau zu betreiben, was für sie mehr Arbeit und Kosten bedeutet. Die Carinata ist eine Alternative mit finanzi­ ellemBonus. Der winterliche Ackerbau verhindert nicht nur Erosion, sondern ist auch eine der bestenMethoden, die Kohlenstoffbindungsfähigkeit des Bodens zu erhöhen. Weil nur die Körner geerntet werden, verbleibt der Rest der Pflanze auf demFeld. Die Biomasse verbessert die Bodenqualität und damit auch die zukünftigen Erträge und die Kohlenstoffbindungsfähigkeit. In diesem Szenario profitieren alle“, erklärt Liisa Ranta , Manager, Sustainability bei UPMBiofuels. Besonders erfreulich für die Landwirte ist die Zuverlässigkeit der Carinata. Auch bei wechselhaftenWitterungsbedingungen liefert sie einen akzeptablen Ertrag, und Die Früchte der Pflanze Brassica carinata sind zwar nicht größer als Senfkörner, bergen aber die große Hoffnung auf einen CO 2 -neutralen Verkehr in sich.

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